SEO for Voice und Ausgezeichnet bewertet - wie Kundenstimmen angezeigt werden dürfen

Ausgezeichnet bewertet – wie Kundenstimmen angezeigt werden dürfen

Nichts überzeugt Kunden mehr als gute Bewertungen. Aber deren Präsentation darf nicht wettbewerbswidrig sein.

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Es klingt toll: Einfach an Deinem Shop ein tolles Qualitätssiegel präsentieren, weil ein entsprechendes Portal die komfortable Zusammenstellung von Bewertungen als „All-in-One“-Gütesiegel anbietet – gerne auch mal für alle Plattformen von Amazon bis eBay zusammengefasst, um den eigenen Erfolg zu demonstrieren. Es ist auch wirklich praktisch, allerdings solltest Du unbedingt ein paar Regeln einhalten.

Kundenbewertungen und Erfahrungsberichte überzeugen wie kein anderes Marketinginstrument, wenn es darum geht, aus interessierten Stöbernden am Ende Kund*innen zu machen. Je häufiger mit ausgezeichnet bewertet wird, desto besser – denn dann gleicht eine große Menge an positiven Bewertungen auch den einen oder anderen Nörgler aus. Als Shop-Betreiber*in freust Du Dich also über die Möglichkeit, eine Vielzahl von guten Bewertungen deutlich sichtbar anzeigen zu können – und über Dienste wie ausgezeichnet.org, die Besitzern von E-Shops die Möglichkeit bieten, Bewertungen auch schick und bequem zusammengefasst anzeigen zu lassen.

Das ergibt vor allem dann einen Sinn, wenn Bewertungen von eBay-Käufen und Amazon-Käufen gleichzeitig mit angezeigt werden sollen, Trusted-Shop-Ergebnisse dazukommen und so weiter, um ein schön rundes Gesamtbild abzugeben. Große Zahlen sehen dann natürlich toll aus. Allerdings, und darauf legte das Landesgericht Köln mit Urteil vom 1.8.2017 ausdrücklich (33 O 159/16) Wert, muss bereits auf dem Siegel des Güteansiegelanbieters ersichtlich sein, dass die angegebene Summe der Bewertungen sich aus Ergebnissen auf mehreren Plattformen zusammensetzt. Sonst ist es wettbewerbswidrige Werbung.

Großzügige Zusammenfassung auf eigene Faust: Dann ist „ausgezeichnet bewertet“ unzulässig

Verklagt hatte ein Shopbetreiber einen Konkurrenten aus der gleichen Branche. Der Beklagte hatte mit dem Siegel von ausgezeichnet.org geworben, und zwar auf seiner Shop-Website. Von den weit über 30.000 Bewertungen hatten allerdings nur 27 auf dem Shop selbst stattgefunden, die anderen kamen von Plattformen wie eBay. Die Gütesiegel-Grafik trug die Unterschrift „auf mehreren Portalen“. Damit war auch das LG Köln nicht einverstanden und bezeichnete die Angabe als irreführend.

Erschwerend kam noch hinzu, dass die Kundenbewertungen sämtliche geschäftlichen Aktivitäten des Shopbetreibers zusammenfassten. Seiner Logik nach sollten Bewertungen vor allem die Seriösität des Anbieters zeigen, egal in welchem Geschäftsfeld.

Auch das sah das Landesgericht Köln anders, Zitat: „Durch die Verwendung des Logos im Onlineshop der Beklagten wird jedenfalls bei relevanten Teilen des Verkehrs der Eindruck erweckt, dass alle 31.089 Kundenbewertungen sich auf den Online-Shop www.anonym1.de beziehen, obwohl für diese konkrete Internetseite tatsächlich nur 27 Bewertungen abgegeben wurden.
Abbildungen in einem bestimmten Online-Shop werden die angesprochenen Verkehrskreise regelmäßig auf eben jenen beziehen, soweit sich aus der Darstellung nichts anderes ergibt.
Der Zusatz „von mehreren Portalen“ wird hier lediglich so verstanden werden, daß auf der Plattform „ausgezeichnet.org“ mehrere Bewertungsportale im Hinblick auf www.anonym1.de ausgewertet wurden, aber nicht so, dass damit mehrere unterschiedliche bewertete Webseiten gemeint sind. Dies hätte deutlicher abgegrenzt werden müssen, um Transparenz zu schaffen.“

Mit Gütesiegeln werben ist sinnvoll, wenn es seriös und transparent abläuft

Der Text des Gerichtsurteils liest sich ein bisschen wie ein Stück von Loriot: „Die Klägerin betreibt unter der URL www.anonym3.de einen Online-Shop für PC-Druckerzubehör. Die Beklagte betreibt unter der URL www.anonym1.de ebenfalls einen Online-Shop für PC-Druckerzubehör“ und man könnte auf den Gedanken kommen, dass diese beiden Konkurrenten früher oder später sowieso ein Thema gefunden hätten, bei dem sie sich uneinig geworden wären. Versetzt man sich in die Lage potenzieller Kaufinteressent*innen, die mit fünfstelligen Bewertungsanzahlen in die Irre geführt wurden, fällt schnell auf:

Erstens wird in der Regel das Einkaufserlebnis von Usability bis Abwicklung mit bewertet und gemeinsam als Bewertungsergebnis angeben sollte man nur, was sich 1:1 vergleichen lässt. Unterschiedliche Plattformen verschiedener Größenordnungen weichen stark voneinander ab. Zweitens sind meist auch die Bedingungen und sogar die Berechnungsmethoden für gute Bewertungen unterschiedlich, und drittens ist nicht jedes Kriterium auf jeder Plattform relevant. Dazu kommt noch die Größenordnung und die Atmosphäre, wenn diese durch frei erdachte Usernamen zur Anonymität einlädt, toben Kritiker*innen sich eher aus als bei Angabe von Realnamen.

Das LG Kön sagt dazu: „Die jeweilige Bewertung ist daher immer nur im Zusammenhang mit der konkreten Seite aussagekräftig, aber – anders als die Beklagte meint – nicht generell für einen bestimmten Verkäufer der auf unterschiedlichen Portalen auftritt, weshalb mehrere Bewertungen für unterschiedliche Angebotsseiten nicht einfach addiert werden können. Zumindest wäre dann ein Hinweis erforderlich, aus dem dies – und ggf. die anderen Seiten – eindeutig hervorgehen.“

Brauchbare Gütesiegel orientieren sich an diesen Kriterien

Trotzdem ist ein ins Auge fallendes Gütesiegel, zusammenfassend oder nicht, eine nette Sache und kann zur Vertrauensbildung bei potenziellen Kaufkontakten beitragen. Es sollte nur ganz klar erkennbar sein, woher die hübsche Zahl kommt und wie sie sich zusammensetzt – spätestens beim Anklicken der Grafik müssen diese Informationen für Konsument*innen ersichtlich sein. Bei ausgezeichnet.org hat man die Konsequenzen gezogen, siehe Screenshot vom 03.04.2018:

Ausgezeichnet bewertet mit transparentem Gütesiegel

Ausgezeichnet bewertet mit transparentem Gütesiegel: „Quellenangabe“ der Kundenstimmen

Ob Du einen solchen Service für Deinen Shop nutzen solltest, kommt auf Deine Ausrichtung und Größenordnung an. Im Zweifelsfall muss es einfach Sinn ergeben für Dich und Deine Zielgruppe, wenn Du online Bewertungen einblendest. Der beklagte Shopbetreiber aus unserem Praxisbeispiel beispielsweise machte scheinbar sehr wenig Umsatz über den E-Shop, vollzog aber Zehntausende von Transaktionen auf anderen Plattformen mit anderen Geschäften. Ihm entstand vermutlich kaum Nutzen durch das Einbinden des Logos, aber aufgrund der Klage ein Schaden.

Lebt Dein Shop von der schieren Menge an umgesetzten Produkten, ist ein Gütesiegel sinnvoll – ob ein zusammenfassendes es auch ist, hängt vom Einzelfall ab. Vertreibst Du mit Deinem virtuellen Ladengeschäft handgefertigte Einzelteile, sind Fotos und echte Kundenstimmen wirksamer, gerne ergänzt um ein Vertrauens-Siegel wie das von „Trusted Shops“ und Co. Hast Du aber ein E-Book im Angebot, sind bei fast jedem Thema Rezensionen besser als Siegelbildchen. In jedem Fall solltest Du sorgfältig darauf achten, nicht gegen die Regelungen den unlauteren Wettbewerb betreffend zu verstossen, wenn Du darauf verweist, wie ausgezeichnet bewertet Dein Angebot wurde.

Wir empfehlen außerdem, immer aufzuschreiben, wo Du welche Hinweise eingesetzt hast und außerdem eine Notiz in den Kalender zu schreiben und regelmäßig zu prüfen, ob die irgendwann mal eingebauten Bildchen, Logo-Grafiken und Siegel noch das sind, was Du in Deiner Außendarstellung einsetzen möchtest.

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