Seit der ersten Zoom-Call-Welle haben wir es als gegeben hingenommen, dass durch die Corona-Krise nun „alles“ digitaler wurde – weil die Transformation bei Mandanten und Kanzleien Einzug gehalten hat, digitale Belegbuchung sich öfter durchgesetzt hat und Unternehmensberatung gefragter war als je zuvor. So auch die Ergebnisse einer lexoffice Befragung im Herbst 2020. Doch haben wir uns den Digitalisierungsboost nur eingeredet?
Ein Blick auf den Digitalisierungsboost aus einer anderen Perspektive
Michael Kroker bezeichnet Corona in seinem Essay auf LinkedIn als „Sargnagel für die digitale Transformation“. Weil die Einführung neuer datengetriebener Geschäftsmodelle durch die Krise im ersten Halbjahr 2020 in vielen Unternehmen zum Stillstand kam und die zahlreichen corona-bedingten Sparmaßnahmen und Einschränkungen viele Firmen erfasst haben, die sich gerade mit der Transformation befasst haben.
Kroker schlussfolgert daher: „Die Digitalisierung im deutschen Mittelstand hat durch Corona nur oberflächlich betrachtet einen Schritt nach vorne gemacht. (…) Die Digitalisierungsbemühungen vieler Unternehmen beschränken sich (damit) vorrangig auf Technologien für die Umstellung auf Home-Office und die Verbesserung und Flexibilisierung von Arbeitsabläufen.“
Genau das: Verbesserung und Flexibilisierung von Arbeitsabläufen
Mandant:innen, die endlich selbst buchen und Steuerkanzleien, die vom Home-Office aus arbeiten – die Corona-Krise hat für immer unsere Arbeitslandschaft verändert. Es ist also verblüffend, wenn die Worte „beschränkt auf“ sich auf die Verbesserung von Prozessen beziehen: Am Ende ist immerhin alles ein Prozess und viele bauen aufeinander auf. Wer jetzt die Grundlagen digitaler Technologien und deren Vorteile entdeckt hat, wird außerdem bei der nächsten Innovation ohne eine automatische Hemmschwelle im Kopf entscheiden. Denn der erste Schritt ist schon getan.
Die finanziellen und organisatorischen Vorteile des digitalen Wandels erschließen sich sofort bei den ersten Einsatzmöglichkeiten zur Arbeitserleichterung und diese ebnen dann den Weg für weitere Apps, Tools und Investitionen.
Außerdem liefern die zitierten Studien einiges an Interpretationsspielraum. Mit der IHK-Umfrage „Digitalisierung mit Herausforderungen“, die im Zeitraum vom 1. November bis zum 4. Dezember 2020 stattgefunden hat, wurden 3.476 Unternehmen aus acht verschiedenen Wirtschaftszweigen befragt und sagten bei einer Selbsteinschätzung, dass ein großer Digitalisierungssprung ausgeblieben sei:
Zitat: „… zum Stand der Digitalisierung auf einer Notenskala von 1 (voll entwickelt) bis 6 (wenig entwickelt) sehen sich die Betriebe im Durchschnitt bei 2,9 Notenpunkten. Dies ist eine leichte Verbesserung gegenüber der Vorumfrage im Jahr 2017 (Notendurchschnitt 3,1) – ein großer Digitalisierungssprung bleibt somit aus.“
Die Pläne, die sich laut der Studie aus dem Digitalisierungsbedarf ergeben, zeigen aber auch einen deutlichen Trend: Unternehmen aus den Branchen Industrie, Bau, Information und Kommunikation, Finanzwirtschaft, sowie Sonstige Dienstleistungen wurden auch nach dem aktuellen bzw. geplanten Einsatz verschiedener Technologien befragt.
Die befragten Firmen planen innerhalb der nächsten drei Jahre:
- eine Steigerung auf 86% Einsatz von Cloud-Technologien (von aktuell 64%)
- eine Steigerung auf 39% für IOT Anwendungen (von aktuell 18%)
- eine Steigerung auf 38% für KI Technologie und maschinelles Lernen (von aktuell 11%)
- eine Steigerung auf 35% für Blockchain Innovation (von aktuell 9%)
- eine Steigerung auf 29% für Robotik (von aktuell 16%)
Bitkom-Studie: Corona treibt Digitalisierung voran – aber nicht alle Unternehmen können mithalten
„Die Corona-Pandemie ist eindeutig ein Digitalisierungstreiber für die deutsche Wirtschaft“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. „Die gute Nachricht ist: Die Unternehmen wollen etwas tun und die Digitalisierung vorantreiben. Die schlechte Nachricht: Längst nicht alle sind dazu in der Lage.
Digitalisierte Unternehmen kommen besser durch die Krise
Mehr als 8 von 10 Unternehmen (84 Prozent) geben an, dass durch die Corona-Pandemie die Digitalisierung für das eigene Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat. 86 Prozent sagen dies für die gesamte Wirtschaft. Zugleich glaubt keiner der Befragten, dass die Digitalisierung für das eigene Unternehmen oder die Wirtschaft durch die Pandemie an Bedeutung verloren hat.
Ein Rekordwert von 97 Prozent der Unternehmen sieht im November die Digitalisierung vor allem als Chance für das eigene Unternehmen, im April lag der Wert mit 90 Prozent noch deutlich darunter.
Und 7 von 10 (70 Prozent) meinen, dass Unternehmen, deren Geschäftsmodell bereits digitalisiert ist, besser durch die Corona-Pandemie kommen. „Unternehmen lassen sich über Corona hinaus gegen Krisen immunisieren, indem sie konsequent digital aufgestellt werden“, so Berg.
54 Prozent der Unternehmen geben an, dass ihnen digitale Technologien helfen, die Pandemie zu bewältigen.“ Quelle: Bitkom
Bitkom Studie November 2020Man kann den durch eine Krise ausgelösten Digitalisierungsboost zwar mitten im Umbruch analysieren. Damit lassen sich dann aber nicht die Trends erfassen, für die in den Unternehmen im Moment selbst kein Budget vorhanden ist – deren dringliche Notwendigkeit sich aber durch den Umbruch gezeigt hat und die für später fest auf der Agenda stehen.
Cloud-Anwendungen, prozessvereinfachende Software und sauber etablierte Kommunikationstools sind außerdem nichts, auf das sich ein Digitalisierungsboost nur „beschränkt“. Sie sind seine Grundlage.
Ohne unkomplizierte Kommunikation mit digitalen Mitteln, die Möglichkeit zum sicheren Datentausch und sämtliche Mandant:innen, für die der Digitalisierungsboost kein Mythos, sondern eine Notwendigkeit ist, wäre kaum eine Kanzlei durch die Krise gekommen.
Für die Steuerbranche ist es keine Frage, ob der Wandel durch Corona vorangetrieben wurde. Der Digitalisierungsboost hat den entscheidenden Unterschied gemacht.
Sehen Sie das anders? Oder haben Sie andere spannende Erkenntnisse in der Krise gewonnen? Dann freuen wir uns über Ihr Feedback.
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