Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell - So geht's

Wiedereingliederung bei Krankheit: Das Hamburger Modell im Überblick

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    Die Wiedereingliederung beginnt während der Arbeitsunfähigkeit und dauert in der Regel bis zu sechs, höchstens jedoch zwölf Monate.

    Das Wichtigste in Kürze

    Die stufenweise Eingliederung, auch Hamburger Modell genannt, zielt darauf ab, langzeitarbeitsunfähige Mitarbeiter:innen schrittweise wieder an die volle Arbeitsbelastung heranzuführen.

    In dieser Phase bleiben sie krankgeschrieben und erhalten keine Lohnfortzahlung, haben aber weiterhin Anspruch auf Lohnersatzleistungen wie Krankengeld.

    Was ist eine Wiedereingliederung?

    Die Wiedereingliederung ist eine freiwillige Maßnahme, die Unternehmen anbieten können, um Mitarbeiter:innen nach längerer Krankheit stufenweise wieder an die Tätigkeit heranzuführen, sodass sie diese am Ende der Wiedereingliederung wieder in vollen Umfang ausführen und die Leistungsanforderungen wieder voll erfüllen können. Diese Methode nennt sich auch Hamburger Modell. Geregelt ist sie in §74 SGB V. Die Wiedereingliederung kann von dem:der Arbeitgeber:in, aber auch von dem:der Mitarbeiter:in selbst angestoßen werden – vorausgesetzt der:die behandelnde Ärzt:in geht davon aus, dass der:die Erkrankte die Arbeit wieder voll oder teilweise aufnehmen kann.

    Die Wiedereingliederung beginnt, während der:die Mitarbeiter:in offiziell noch arbeitsunfähig ist, und richtet sich nach einem ärztlich betreuten Stufenplan. Im Regelfall dauert die Eingliederung zwischen sechs Wochen und sechs Monaten, kann aber bei Bedarf auch auf zwölf Monate verlängert werden.

    Was ist der Unterschied zum BEM

    Die Wiedereingliederung ist nicht mit dem BEM gleichzusetzen, wird manchmal aber verwechselt. Im Gegensatz zur Durchführung einer Wiedereingliederung sind Arbeitgeber:innen gesetzlich zu einem BEM verpflichtet, wenn Arbeitnehmer:innen länger als sechs Wochen in zwölf Monaten ausfallen. Eine Wiedereingliederung kann eine Maßnahme des BEMs sein. Das BEM selbst ist ein offener Prozess, in dem ausgelotet wird, was dem:der Arbeitnehmer:in hilft, um nach Krankheit wieder im Unternehmen arbeiten zu können.

    Fakten zur Wiedereingliederung

    Bei der Wiedereingliederung müssen bestimmte Faktoren beachtet werden. Dazu gehören unter anderem diese:

    Verpflichtung von Arbeitgeber:innen

    Die Wiedereingliederung ist für keine Seite verpflichtend und rein freiwillig. Angestellte, Unternehmen und Krankenkasse müssen sich darauf einigen, dass eine Wiedereingliederung vorgenommen wird und einen Wiedereingliederungsplan erstellen. Dann kann die Wiedereingliederung vorgenommen werden.

    Schwerbehinderte Angestellte dürfen eine Wiedereingliederung einfordern. Das geschieht in der Regel über den oder die Arbeitgeber:in, der oder die sich dann mit der Krankenkasse in Verbindung setzen muss, um den Prozess in Gang zu bringen.

    Arbeitszeit

    Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell erfolgt anhand einer schrittweisen Erhöhung der Arbeitszeit. Die Steigerung der Arbeitszeit erfolgt je nach Einzelfall meistens wöchentlich oder zwei-wöchentlich.

    Die Arbeitszeiten besprechen die Angestellten mit Vorgesetzten und HR. Eine Arbeitszeiterfassung ist während der Wiedereingliederung nicht erlaubt, da der oder die Mitarbeiter:in während der Wiedereingliederung weiterhin krankgeschrieben und somit offiziell arbeitsunfähig ist.

    Überstunden, Akkordzulagen oder Schichtzulagen werden nicht gezahlt, sollten aber auch nicht vorfallen, da die Arbeitszeit gering gehalten werden soll.

    Urlaubsanspruch

    Während der Wiedereingliederung kann kein Urlaub genommen werden, da offiziell noch eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Der Urlaubsanspruch selbst verfällt aber nicht, sondern wird wie gewohnt berechnet.

    Bezahlung

    Die Bezahlung der Mitarbeiter:innen während der Wiedereingliederung übernimmt die Krankenversicherung, da es sich noch um eine Arbeitsunfähigkeit handelt und Krankengeld gezahlt wird.

    Die Rentenversicherung zahlt ein Übergangsgeld, wenn es sich um eine Wiedereingliederung nach einer Reha-Maßnahme handelt. Dafür muss die Wiedereingliederung spätestens vier Wochen nach der Reha beginnen.

    Arbeitgeber:innen dürfen ihren Angestellten in Wiedereingliederung freiwillig ein Gehalt zahlen. Das kann aber zu einer Kürzung des Krankengelds führen.

    Gescheiterte Wiedereingliederung

    Die Wiedereingliederung darf für höchstens sieben Tage unterbrochen werden. Das muss im Stufenplan festgehalten werden. Fällt der oder die Angestellte während der Wiedereingliederung länger als sieben Tage aus, ist die Wiedereingliederung gescheitert.

    Bei einer Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands, dürfen sowohl der oder die Angestellte, der oder die Arbeitgeber:in, der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin als auch der Rehabilitationsträger in Form von Krankenkasse oder Rentenversicherung die Wiedereingliederung mit sofortiger Wirkung abbrechen.

    Der Arbeitnehmer beziehungsweise die Arbeitnehmerin gilt dann weiterhin als arbeitsunfähig und bezieht weiterhin Krankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld.

    Was muss für eine Wiedereingliederung erfüllt sein?

    Damit eine Wiedereingliederung begonnen werden kann, braucht es zunächst die Zustimmung des:der Mitarbeitenden, der Unternehmensleitung und der gesetzlichen Krankenkasse – privat Versicherten bleibt nur das BEM. Daneben muss der:die Beschäftigte einen Geldleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse oder einem Rehabilitationsträger haben. Der:die Beschäftigte muss zudem weiterhin als arbeitsunfähig gelten. Des Weiteren muss der:die behandelnde Ärzt:in dem:der Beschäftigten ausreichende Belastbarkeit für die Wiedereingliederung bescheinigen.

    Wie sieht eine gelungene Wiedereingliederung aus?

    Die stufenweise Wiedereingliederung basiert auf Vertrauen und Hilfsbereitschaft. Angestellte sind häufig auf die Unterstützung von Arbeitgeber:innen und Kolleg:innen angewiesen, um die Rehabilitation erfolgreich zu bewältigen.

    Deshalb sollten bestimmte Eigenschaften durchgehend vorhanden sein.

    Zuerst einmal sollte das Gespräch mit dem oder der Angestellten gesucht werden, um zu klären, was von der Wiedereingliederung erwartet wird. Sind die Gründe für die Erkrankung unter anderem auch im Arbeitsalltag verankert – beispielsweise bei Burnout – müssen die Ursachen dafür ermittelt werden, damit man diese ausmerzen kann. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Überlastung sich direkt wieder bemerkbar macht, und die Wiedereingliederung ist zum Scheitern verurteilt.

    Alle Beteiligten sollten jederzeit optimistisch an die Wiedereingliederung herangehen. Es handelt sich um einen Neuanfang, bei dem Prozesse optimiert werden können, was langfristig dem gesamten Unternehmen zugutekommt.

    Dafür holen Sie sich Feedback von dem oder der Angestellten in der Wiedereingliederung ein. Der oder die Mitarbeiter:in war längere Zeit nicht im Betrieb und betrachtet die Dinge mit einem frischen Blick. Das ist sehr hilfreich, um Optimierungsmöglichkeiten in Abläufen, Prozessen und Strukturen zu erkennen.

    Als Arbeitgeber:in sind sie während der Wiedereingliederung zuständig für einen durchgehenden Kommunikationsfluss. Dazwischen dürfen gerne Vorgesetzte und Führungskräfte stehen, aber die Kommunikation mit dem oder der Angestellten sollte immer vorhanden sein.

    Die Krankenkassen und eventuell auch Ärzte wollen ebenfalls regelmäßige Updates bekommen, wie die Wiedereingliederung verläuft. Das geht nur, wenn miteinander kommuniziert wird.

    Außerdem werden so Probleme frühzeitig erkannt, um rechtzeitig zu reagieren und größere Schäden zu verhindern.

    Wiedereingliederungsplan

    Was muss der Stufenplan enthalten?

    Der:die behandelnde Ärzt:in ist für den Stufenplan zuständig. Folgende Angaben muss der Plan mindestens enthalten:

    • Beginn und Ende des Stufenplans,
    • Art und Dauer der verschiedenen Stufen,
    • voraussichtlicher Zeitpunkt, an dem die volle Arbeitsleistung wiederhergestellt ist,
    • ergänzende sinnvolle Maßnahmen,
    • Rücktrittsrechte und -gründe von Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in,
    • Tätigkeiten und Belastungen, die vermieden werden sollten.

    Stufenplan für die Wiedereingliederung Beispiel

    Ein Stufenplan für eine Wiedereingliederung nach einer einjährigen, krankheitsbedingten Abwesenheit für ein:e Grafikdesigner:in könnte so aussehen:

    stufenplan

    Woche 1 und 2

    Wochen 3 bis 5

    Wochen 6 bis 8

    Ab Woche 9

    Wochenarbeitszeit

    4 Stunden

    5 Stunden

    6 Stunden

    8 Stunden

    Aufgaben

    • Administratives regeln
    • neue Prozesse, Strukturen, Tools etc. kennenlernen
    • Kleine Designaufgaben: Arbeit der Kolleg:innen prüfen, selbst 1 bis 2 kleine Aufgaben übernehmen
    • Termine mit Kolleg:innen vereinbaren, für Annäherung
    • Teilnahme an Meetings
    • Arbeiten der Kolleg:innen prüfen und optimieren
    • 3 bis 5 kleinere Designaufgaben übernehmen (Priorisierung und Anzahl der Aufgaben werden mit der Führungskraft abgeklärt)
    • Teilnahme an unternehmens- und abteilungsrelevanten Meetings
    • Größere Designaufgabe wird übertragen (kann im Verlauf der 4 bis 8 Wochen gesteigert werden)
    • Kleinere Aufträge abarbeiten (Anzahl und Umfang wird mit der Führungskraft besprochen)
    • Teilnahme an unternehmens- und abteilungsrelevanten Meetings
    • Alles wie zuvor: Verteilung kleinerer und größerer Aufgaben zwischen den Designer:innen
    • Erfüllung aller rollenspezifischen Aufgaben

    Vermeiden

    • Zeitdruck
    • hoher Workload
    • anspruchsvolle Aufgaben
    • Zeitdruck
    • hoher Workload
    • anspruchsvolle Aufgaben
    • Zeitdruck
    • hoher Workload
    • Zeitdruck

    Bezahlung bei Wiedereingliederung

    In der Regel erhält der:die Beschäftigte während der Wiedereingliederung Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld – die Kosten trägt der Rehabilitationsträger (Kranken- oder Rentenversicherung bzw. Berufsgenossenschaft). Wer zuständig ist, hängt davon ab, wodurch die Arbeitsunfähigkeit entstanden ist (Krankheit, Unfall, Arbeitsunfall, Berufskrankheit usw.). Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in können aber auch eine Entgeltvereinbarung treffen, die für die Wiedereingliederung gilt. Diese wird dann durch den jeweiligen Rehabilitationsträger ergänzt.

    Wie funktioniert Wiedereingliederung bei Teilzeit?

    Für die Wiedereingliederung in Teilzeit gelten dieselben Regelungen wie in Vollzeit. Nur die Arbeitszeit verringert sich entsprechend der Teilzeitstelle.

    Bei der Wiedereingliederung handelt es sich übrigens nicht um eine Teilzeitmaßnahme. Zum einen werden neben der Arbeitszeit auch die Leistungen heruntergefahren und zum anderen ist die Wiedereingliederung zeitlich begrenzt.

    Wie viele Stunden arbeitet man bei der Wiedereingliederung?

    Die Arbeitsstunden in der Wiedereingliederung hängen vom Einzelfall ab. Für gewöhnlich beginnt die Wiedereingliederung mit mindestens zwei Arbeitsstunden am Tag.

    Die Arbeitszeit wird dann schrittweise jede Woche oder alle zwei Wochen erhöht.

    Wer bestimmt in der Wiedereingliederung die Arbeitszeiten?

    Die Arbeitszeiten werden in einem Wiedereingliederungsplan festgelegt und mit Art oder Ärztin abgesprochen. Die Entscheidung zur Länge der Arbeitszeit wird also zwischen Arbeitgeber:in, Arbeitnehmer:in, Krankenkasse und Arzt beziehungsweise Ärztin beschlossen.

    lxlp