Familienstartzeit

Familienstartzeit

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    Der entspannte gemeinsame Start in das Familienleben soll mit einem bezahlten Sonderurlaub in den ersten 10 Arbeitstagen ​nach Geburt gefördert werden.​ Begünstigte können das jeweils andere (berechtigte) Elternteil, bzw. eine von einer alleinerziehenden Frau benannte Person sein.​ Das Spezielle: Der Arbeitgeber des:der Begünstigten bezahlt den sog. Partnerschaftslohn während der Freistellung erst aus und erhält das Geld dann von der Krankenkasse zurückerstattet.​ Es gilt keine Anmeldefrist oder Mindestbeschäftigungsdauer.​

    Die Geburt des eigenen Kindes ist etwas sehr Spezielles. Wollen Väter in Deutschland daran teilhaben, müssen sie regulären Urlaub nehmen. Längst hat sich in anderen europäischen Ländern die Regel durchgesetzt, dass Väter oder Partner:innen für diesen Anlass zehn Tage Sonderurlaub erhalten – bezahlt natürlich. Damit wird die „EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige (2019/1158)“, die bereits im Juni 2019 in Kraft getreten war, umgesetzt. Von diesem Ziel ist Deutschland noch weit entfernt, obwohl die Umsetzungsfrist am 2. August 2022 endete. Wie geht es weiter?

    Familienstartzeit – der rechtliche Kontext

    Ob Väterurlaub, Vaterschafts- bzw. Partner:innenfreistellung oder Familienstartzeit: Die Begriffe variieren, doch diese Regelungen zielen alle darauf ab, eine junge Familie in der ersten Zeit nach der Geburt eines Kindes zu unterstützen. Die relevante EU-Richtlinie wurde in Deutschland verspätet umgesetzt – und das auch noch ohne den sogenannten Väterurlaub. Der Grund: Die weitergehenden Regelungen in Bezug auf Elternzeit und Elterngeld erfüllen die Mindeststandards bereits und haben die Regierung dieser Verpflichtung enthoben.

    Allerdings einigte sich die Ampelregierung 2021 im Koalitionsvertrag darauf, eine Freistellung von zwei Wochen nach einer Entbindung einzuführen. Im März 2023 wurde deswegen das „Gesetz zur Einführung eines Freistellungsanspruchs für den Partner oder die Partnerin nach der Entbindung und zur Änderung anderer Gesetze im Bereich der familienbezogenen Leistungen (Familienstartzeit-Gesetz)“ als Referentenentwurf vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur Diskussion gestellt.

    Familienstartzeit – was ist im Gesetz vorgesehen?

    Geplant ist demnach, dass der zweite Elternteil bzw. Partner:innen ab 2024 zusätzlich zum Urlaub für zehn Arbeitstage bezahlt freigestellt werden – ab dem Tag der Entbindung. Hier die Fakten des Entwurfs im Überblick:

    • Anspruch auf diese Freistellung soll entweder der andere Elternteil oder eine von der Frau zu benennende Person, sollte der zweite Elternteil nicht mit der jungen Mutter in einem Haushalt leben.
    • Diese Freistellung soll auf den Elternzeitanspruch angerechnet werden.
    • Während der Freistellung bezahlt der Arbeitgeber des zweiten Elternteils oder der Partner:innen das durchschnittliche Arbeitsentgelt, ausschlaggebend sind die letzten drei Monate.
    • Besteht Anspruch auf Elterngeld, wird dieses als Partnerschaftslohn bezeichnete Entgelt angerechnet.

    Der Arbeitgeber zahlt für die Freistellung zwar das Entgelt aus, aber er soll die Kosten gegenüber der zuständigen Krankenkasse geltend machen können. Im Zuge des U2-Umlageverfahrens erhält er die Aufwendungen zurück, so befürwortet es ein Gutachten, das der wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim BMFSFJ zuvor in Auftrag gegeben hatte.

    Wie weit ist die Umsetzung gediehen?

    Ursprünglich sollte das Gesetz mit Beginn des Jahres 2024 in Kraft treten. Allerdings muss es zunächst noch in den Bundestag eingebracht, dort diskutiert und darüber abgestimmt werden. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht mehr zu realisieren ist. Der Referentenentwurf befindet sich nach wie vor regierungsintern in der Ressortabstimmung. Uneinigkeit herrscht beim Thema Unternehmerzuschüsse: Sollen die den Partnerschaftslohn auszahlenden Unternehmen die Kosten von den Krankenkassen erstattet bekommen, sind diese Zuschüsse notwendig. Allerdings gibt es in der Regierungskoalition Vorbehalte. Diese spielen den Diskussionen zur Kindergrundsicherung und zu den geplanten Kürzungen beim Elterngeld zusammen. Fakt ist, der Bundeshaushalt für 2024 steht noch nicht – und das dürfte das Gesetzesvorhaben deutlich erschweren.

    Die aktuelle Situation

    Wollen Väter oder Partner:innen an der Geburt und den ersten Tagen danach teilhaben, nehmen sie Urlaub oder nutzen einen Teil der Elternzeit inklusive Elterngeld. Was vielen Bürger:innen nicht bekannt ist: Es gibt bereits einen Anspruch auf bezahlte Freistellung nach Entbindung. Der umfasst fünf Tage nach der Geburt inklusive Lohnfortzahlung – und muss vom Arbeitgeber getragen werden. Geregelt ist der Freistellungsanspruch im § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) unter dem Stichwort vorübergehende Verhinderung. Ist dieser nicht per Vertrag ausgeschlossen und das Familienstartzeit-Gesetz noch nicht in Kraft, können junge Eltern ihn nutzen.

    Familienstartzeit – der Ausblick

    Ob und wann die Familienstartzeit gesetzlich verankert wird, ist derzeit nicht abzusehen. Dazu müsste sich die Bundesregierung erst einmal einigen, was angesichts der jüngsten Entwicklungen immer unwahrscheinlicher wird. Angesichts der geplanten Kürzungen im Sozialbereich werden kaum zusätzliche Leistungen, die vom Staat bezuschusst werden müssten, gesetzlich zugesagt – zumal die von der EU geforderten Mindeststandards bereits erfüllt sind.

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