Ist-Besteuerung

Diese Regeln gelten

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    Grundsätzlich müssen umsatzsteuerliche Unternehmer:innen die Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Leistungserbringung an das Finanzamt abführen (Soll-Besteuerung). Auf Antrag können Gewerbetreibende aber auch die sog. Ist-Besteuerung beantragen. Dabei muss die Umsatzsteuer für ausgeführte Leistungen erst an das Finanzamt gezahlt werden, wenn der:die Kund:in die Rechnung beglichen hat. Wie die Ist-Besteuerung funktioniert und für wen sie anwendbar ist, erfahren Sie in unserem Beitrag.

    Ist-Besteuerung und Soll-Besteuerung: Was ist der Unterschied?

    Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG gilt im Umsatzsteuerrecht die Soll-Besteuerung. Dabei ist die Umsatzsteuer mit dem Ablauf des Voranmeldezeitraums fällig, in dem die Leistung ausgeführt wurde, ganz gleich ob der:die Kund:in die Rechnung bereits beglichen hat. Bei der Ist-Besteuerung hingegen wird die Umsatzsteuer erst fällig, wenn die Rechnung durch den:die Kund:in bezahlt wurde.

    Vorteil: Der:die Unternehmer:in muss die Umsatzsteuer, die an das Finanzamt abgeführt werden muss, nicht wie bei der Soll-Besteuerung vorfinanzieren.

    Beispiel – Soll-Besteuerung

    Der Malerbetrieb von Malermeisterin Dorothee Jahn erbringt im Januar 2024 eine Leistung an einen Kunden. Die Rechnung beträgt 5.000 Euro netto (zzgl. 950 Euro USt) und wird im Februar 2024 gestellt. Der Kunde ist mit der Zahlung im Verzug und begleicht die Rechnung erst im Mai 2024. Die Umsatzsteuer von 950 Euro ist aber bereits im Umsatzsteuer-Voranmeldezeitraum für Januar 2024 anzumelden und abzuführen. Dorothee Jahn tritt somit in Vorleistung.

    Beispiel – Ist-Besteuerung

    Der Schreinerbetrieb von Ralph Seitz hat für das Jahr 2024 die Ist-Besteuerung beim Finanzamt beantragt und erbringt im Januar 2024 eine Leistung für eine Kundin. Die Rechnung beträgt 8.000 Euro (zzgl. 1.520 Euro USt). Er stellt im Februar 2024 die Rechnung, doch die Kundin zahlt die Rechnung erst im Mai 2024. Da Ralph Seitz die Ist-Besteuerung beim Finanzamt beantragt hat, muss er die Umsatzsteuer erst in der Umsatzsteuervoranmeldung Mai 2024 anmelden und ans Finanzamt abführen. Denn: Nach § 20 UStG entsteht die Umsatzsteuer bei der Ist-Versteuerung erst mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem die Entgelte erhalten wurden.

    Wer darf die Ist-Besteuerung beantragen?

    Das Finanzamt genehmigt Anträge auf Ist-Besteuerung, wenn:

    Der Gesamtumsatz des Unternehmens nach § 19 Abs. 3 UStG 600.000 Euro nicht übersteigt. Ab Januar 2024 soll die Grenze 800.000 Euro betragen.
    Unternehmer:innen nach § 148 AO von der Verpflichtung befreit sind, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßige Abschlüsse zu machen.

    Umsätze durch die Tätigkeit in einem freien Beruf nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erwirtschaftet werden (unabhängig von der Höhe der Umsätze).

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    Hinweis: Erhöhung der Umsatzgrenze mit dem Wachstumschancengesetz

    Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurde eine Erhöhung der Umsatzgrenze von bisher 600.000 Euro auf 800.000 Euro umgesetzt.

    Kann die Ist-Besteuerung nur auf Antrag genutzt werden?

    Das Umsatzsteuergesetz regelt, dass Unternehmer:innen, die die Ist-Besteuerung statt der Soll-Besteuerung nutzen möchten, einen Antrag stellen müssen. Eine Formvorgabe gibt es für den Antrag nicht; Sie haben die Möglichkeit, ihn schriftlich oder telefonisch zu stellen.

    Ausnahme: Der Antrag kann auch durch das schlüssige Verhalten eine:s Unternehmers bzw. Unternehmerin gestellt werden. Ist der Umsatzsteuererklärung oder der EÜR zu entnehmen, dass die Ist-Besteuerung angewandt wurde, kann dies als Antrag gewertet werden (s. z. B. BFH, Urteil v. 18.8.2015, Az. V R 47/15).

    Außerdem ist keine besondere Frist einzuhalten. Sie können den Antrag auch rückwirkend stellen – zum Beginn des laufenden Jahres oder für bereits abgelaufene Steuerjahre.

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    Wirkt sich die Ist-Besteuerung auf den Vorsteuerabzug aus?

    Der Vorsteuerabzug kann unabhängig davon, ob die Ist- oder Soll-Besteuerung angewendet wird, beantragt werden. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass die Leistung ausgeführt wurde und dass dem:der Leistungsempfänger:in eine ordnungsgemäße Rechnung (i. S. d. § 14 UStG) vorliegt.

    Was tun bei fehlendem oder unterjährigem Vorjahresumsatz?

    Nicht immer liegt der Vorjahresumsatz vor, manchmal nur zum Teil. Das schließt die Beantragung der Ist-Besteuerung aber grundsätzlich nicht aus..

    1. Fall: Fehlender Vorjahresumsatz

    Nehmen Sie als Unternehmer:in Ihre Tätigkeit erst 2024 auf und möchten die Ist-Besteuerung beantragen, haben Sie natürlich noch keinen Vorjahresumsatz generiert. Dennoch ist es möglich, die Ist-Besteuerung zu beantragen. Hier ein Beispiel:

    Unternehmerin Binay Elvan beginnt ihre unternehmerische Tätigkeit im Mai 2024. Sie rechnet mit einem Umsatz von 250.000 Euro. Um herauszufinden, ob die Ist-Besteuerung im Jahr 2024 angewendet werden kann, ist der voraussichtliche Gesamtumsatz zu ermitteln:

    (250.000 Euro / 8 Monate (Mai bis Dezember 2024)) x 12 Monate = 375.000 Euro.

    Mit einem voraussichtlichen Gesamtumsatz von 375.000 Euro liegt dieser unter der Umsatzhöchstgrenze von 600.000 Euro (ab 2024 voraussichtlich 800.000 Euro). Somit ist die Ist-Besteuerung auf Antrag möglich.

    2. Fall: Unterjähriger Vorjahresumsatz

    Unternehmer Michael Horvat ist seit Juni 2023 unternehmerisch tätig. Im Jahr 2023 hat er von Juni bis Dezember einen Umsatz von 600.000 Euro generiert. Hochgerechnet beträgt der Gesamtumsatz im Jahr 2023:

    (600.000 Euro / 7 Monate (Juni bis Dezember 2023)) x 12 Monate = 1.028.571 Euro.

    Einen Antrag auf eine Ist-Besteuerung für das Jahr 2024 wird das Finanzamt nicht genehmigen, da der Gesamtumsatz die Umsatzhöchstgrenze von 600.000 Euro (ab 2024 voraussichtlich 800.000 Euro) übersteigt.

    Anwendung der Ist-Besteuerung bei mehreren Betrieben

    Hat ein:e Unternehmer:in mehr als einen Betrieb, gelten diese umsatzsteuerrechtlich dennoch als ein einziges Unternehmen. Darum ist der Gesamtumsatz für alle Betriebe zu ermitteln, der zusammengerechnet die Umsatzhöchstgrenze nicht überschreiten darf, damit die Ist-Besteuerung angewendet werden kann. Für einzelne Betriebe kann allerdings ein Antrag auf Ist-Besteuerung gestellt werden, wenn:

    • es sich bei einem Unternehmen um eine freiberufliche Tätigkeit handelt.
    • einzelne Betriebe von der Pflicht zur Buchführung befreit sind.
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    Einnahmen-Überschussrechnung und Ist-Besteuerung

    Sowohl bei der Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) als auch bei der Ist-Besteuerung kommt es auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen an. Ermitteln Sie Ihre Einnahmen nach dem Zufluss-/Abflussprinzip, können Sie die Zahlen für die Umsatzsteuererklärung bzw. -voranmeldung in der Regel problemlos aus der Einnahmen-Überschussrechnung (Buchführung) übernehmen.

    Merke: Ermitteln Sie Ihren Gewinn mithilfe einer Einnahmen-Überschussrechnung, sollten Sie nach Möglichkeit die Ist-Besteuerung beantragen, denn das erleichtert Ihre Buchführung.

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