Altersvorsorgepflicht - kommt die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige?
Altersvorsorgepflicht - kommt die Rentenversicherungspflicht für Selbstständige?

Altersvorsorgepflicht – kommt für Selbstständige die Rentenversicherungspflicht?

Erster Entwurf noch im Mai: Bis zum Jahresende will das Arbeitsministerium einen Gesetzesentwurf zur Altersvorsorgepflicht durchsetzen

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    Mehr als vier Millionen Selbstständige gibt es laut einem Forschungsbericht des Bundesarbeitsministerium in Deutschland – drei Millionen davon sollen laut dem Bericht aus 2018 im Alter nicht abgesichert sein. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will daher noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Altersvorsorgepflicht für nicht abgesicherte Selbstständige vorlegen.

    Autor:in: Carola Heine

    Veröffentlicht:

    Kategorie: Arbeitsalltag

    Selbstständige müssen künftig entweder Mitglied in einem Versorgungswerk sein wie beispielsweise Ärzte und Anwälte, durch die Rürup-Rente abgesichert sein oder in die gesetzliche Rentenversicherung eintreten, wie es bei Mitgliedern der Künstlersozialkasse bereits der Fall ist: „Auch für Selbstständige muss gelten, dass man nach einem Leben harter Arbeit abgesichert ist. Deshalb ist es auch für Selbstständige wichtig, dass wir vorher die Grundrente einführen“, sagt Bundesarbeitminister Heil.

    Gesetzesentwurf zur Altersvorsorgepflicht im Mai 2019

    Das Arbeitsministerium wird noch im Mai einen Gesetzesentwurf vorlegen. Damit sollen dann auch Senioren mit Mini-Renten bessergestellt werden, wenn sie mindestens 35 Jahre Beitragsjahr vorweisen können – den meisten Frauen, die für ihre Familie aus dem Beruf ausgestiegen sind, wird es aber leider schwerfallen, auf 35 Jahre zu kommen. Union und SPD debattieren jedoch auch noch darüber, ob es bei der Besserstellungsregelung eine Bedürftigkeitsprüfung geben soll oder nicht.

    Vom Problem der Altersarmut sind besonders Selbstständige ohne ausreichende Altersabsicherung betroffen. Es hat allerdings in der Regel gute Gründe, wenn besonders Kleinunternehmer und gering verdienende Selbstständige nicht über eine Altersvorsorge verfügen: Bis Anfang 2019 frassen vor allem überhöhte Krankenkassenmindestsätze die Ressourcen vieler selbstständig Tätiger weg, erst seit Anfang diesen Jahres gibt es einen reduzierten Satz für Geringverdiener. Wer eine Familie ernähren muss, deckt zunächst die Lebenshaltungskosten – wenn danach kein Geld für Vorsorge übrig ist, kann in diese auch nicht investiert werden.

    Umso wichtiger, dass zumindest eine „gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht“ im Gespräch ist.

    Um den sozialen Schutz von Selbstständigen zu verbessern, hatten Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, «eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen einzuführen», die nicht bereits anderweitig abgesichert sind.

    „Das Thema ist nicht neu. Ursula von der Leyen als Arbeitsministerin 2012: Da nur eine Minderheit von Selbstständigen zur Altersabsicherung verpflichtet sei, berge dies «die Gefahr eines erhöhten Armutsrisikos von Selbstständigen im Alter, sofern diese nicht rechtzeitig und ausreichend Vorsorge betreiben“

    - lexoffice

    Verpflichtende Beiträge zur Rentenversicherung für Selbstständige

    Matthias Birkwald, ein rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, forderte, nicht abgesicherte Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen – die Beiträge sollten dann nach ihrem tatsächlichen Einkommen berechnet werden. Sein Vorschlag beinhaltete auch eine Regelung, die Auftraggeber in einem Umfang an den Sozialversicherungsbeiträgen beteiligt, der ungefähr dem Arbeitgeberanteil entspricht. Ein Vorschlag, der sich bei vielen Selbstständigen fatal auf die Auftragslage auswirken dürfte – schon jetzt zeigen sich Auftraggebende gerne begriffsstutzig und wollen die Künstlersozialabgabe auf die Versicherten selbst abwälzen.

    Trotzdem ist eine verpflichtende Regelung überfällig, das sieht auch der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth so. Auch der Sozialverband VdK begrüßte die Pläne des Bundesarbeitsministers zur Altersvorsorgepflicht. VdK-Präsidentin Verena Bentele kritisierte jedoch die geplante Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Versorgungsarten. «Wir brauchen eine verpflichtende Einbeziehung aller Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Diese wird dadurch auf eine breitere Finanzierungsbasis gestellt. Wenn alle einzahlen, ist das nur gerecht», findet Bentele.

    An der Alltagsrealität vieler Selbstständiger geht auch dieser Vorschlag vorbei, denn wer auf Immobilien oder Wertpapiere, private Lebens- und Rentenversicherungen und ähnliche Vorsorgemodelle setzt bisher, wird in vielen Fällen dann gar nicht in der Lage sein, zusätzlich noch einer Altersvorsorgepflicht in die gesetzliche Rentenkasse nachzukommen. Das Ergebnis wird sein, sichere und später mal besteuerungsfreie Anlagen wie Immobilien zugunsten eines im Zusammenbruch befindlichen Systems aufzugeben, das schon jetzt einen großen Teil der Renten besteuert.

    Kleinverdiener*innen, Nebenverdienstler und vor allem Gründer*innen werden an zusätzlichen Zahlpflichten schwer zu kämpfen haben, viele wird die weitere Zahllast von einer Gründung abhalten.

    Behindert eine Rentenversicherungspflicht die Gründungsphase Selbstständiger?

    Denn Existenzgründer kämpfen bereits mit Akquise, Marketing, Lebenshaltungskosten und Steuern. Eine Altersvorsorgepflicht muss mindestens berücksichtigen, dass die Einkommenssituation Selbständiger schwankt, besonders in der Gründungsphase.

    Der rentenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, warnt auch prompt davor, Start-ups durch die Regelung zu behindern und verwies auf «ausreichende Karenzfristen in jeder Gründungsphase». Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Peter Weiß, sagte der Deutschen Presse-Agentur, neue Regeln für Existenzgründer müssten in den ersten Jahren beitragsfrei sein.

    Altersvorsorgepflicht für alle Selbständigen ist eine herausragende Idee, die in vielen Fällen der Praxis nicht standhalten wird. Vielleicht verschiebt sich einiges in Richtung Mini- und Midijob oder es wird wesentlich reizvoller, eine Teilzeitstelle anzutreten. Wie das Gesetz dann letzten Endes aussehen wird und vor allem, wie es sich auswirken wird, ist aktuell noch schwer abzusehen.

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