Die Bedeutung von Kulanz
Die Bedeutung von Kulanz ist, bei einem Handel dem Geschäftspartner freiwillig entgegenzukommen. Dabei kann Kulanz sowohl von Händler:innen, als auch von Kund:innen ausgehen. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, wie Sie eine Kulanzpolitik für Ihr Unternehmen aufbauen.
Definitionen von Kulanz, Mängelhaftung und Garantie nicht verwechseln!
Achtung vor der Definition von Kulanz: Die Kulanz ist weder mit einer Garantie noch mit der Mängelhaftung gleichzusetzen.
Mängelhaftung: Ihre Pflichten
Als Unternehmer:in sind Sie durch die Mängelhaftung dazu verpflichtet, defekte oder mangelhafte Ware zurückzunehmen, zu ersetzen oder eine Nachleistung zu erbringen. Es besteht ein Mangel, Sie haften, der Schaden muss ersetzt werden.
Die Rechte des Käufers bei Mängeln sind in § 437 BGB geregelt. Sie finden alle Regelungen rund um Kaufverträge in den §§ 433 – 480 BGB.
Das ist Garantie
Bei der Garantie hingegen handelt es sich um eine zeitlich befristete Gewährleistung, die über die gesetzliche Gewährleistungsfrist hinausgeht. Sobald Sie im Zuge des abgeschlossenen Kaufvertrags eine Garantie vereinbaren, ist sie für Sie verpflichtend.
Wie äußert sich Kulanz?
Die Kulanz lässt sich von der Mängelhaftung und der Garantie abgrenzen, insofern sie nicht verpflichtend ist. Sie ist ein Service, bei dem Sie als Unternehmer:in Nachbesserungen, Nachlässe oder Nachlieferungen gewähren, obwohl Sie dazu nicht verpflichtet sind. Es handelt sich also um ein freiwilliges Entgegenkommen, ohne dass Sie einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil daraus ziehen.
Welche Kulanzgründe gibt es?
Für Sie als Unternehmer:in gibt es gute Gründe, die dafür sprechen, Ihren Kund:innen gegenüber kulant zu sein. Kulanz kann nämlich die Reputation Ihres Unternehmens stärken. Wo Kund:innen auf unkomplizierte Weise Waren umtauschen können, auch wenn die Rückgabefrist einen Tag überzogen ist oder Gutscheine einlösen können, die bereits abgelaufen sind, kaufen sie gerne wieder ein.
Die Vor- und Nachteile der Kulanz
Die Kulanz kann verschiedene Vorteile und Nachteile haben. Hier eine kurze Übersicht:
Die positive Bedeutung von Kulanz
Im Customer Relationship Management (CRM) ist Kulanz von Bedeutung, um Ihre Stammkundschaft glücklich zu machen und auch weiterhin an Ihr Unternehmen zu binden. Zufriedene Kund:innen kommen wieder und sprechen positiver über Sie.
Obwohl Kulanz Sie also zunächst meist Umsatzeinbußen bedeutet, holen Sie den vermeintlichen Verlust womöglich durch neue Aufträge bestehender oder neuer Kund:innen wieder rein.
Kulanz kann Ihnen aber auch einen Einblick in Ihre eigene Arbeit und die von Ihnen angebotenen Produkte geben. Beobachten Sie, warum Kund:innen Ware umtauschen wollen, und Sie können darauf reagieren, indem Sie zum Beispiel häufig umgetauschte Produkte durch andere ersetzen oder anders bewerben. Hält Ihre Werbung, was sie verspricht? Sind die Materialien, mit denen Sie herstellen, hochwertig?
Besonders viele Fälle, in denen Sie Ihren Kund:innen durch Kulanz entgegengekommen sind, sind ein Indikator dafür, dass mit einem Produkt oder einer Dienstleistung und der Kommunikation darüber etwas nicht stimmen mag.
Zu viel Kulanz bedeutet Nachteile
Gewähren Sie zu viel und zu oft Kulanz, könnten Ihre Kund:innen denken, dass sie ein dauerhaftes Anrecht auf Kulanz haben.
Und Sie wissen selbst genau: Jeder Umtausch bedeutet für Sie Mehraufwand und Mehrkosten. Jeder Umtausch aus Kulanz ist per Definition ein freiwilliges Plus an Mehraufwand. Bevor Sie also aus reiner Gutmütigkeit und dem Wunsch nach positiver Reputation jeden Umtausch gewähren, sollten Sie eine klare Definition für die Rahmen der Kulanz in Ihrem Unternehmen aufstellen. Sie und Ihre Mitarbeiter:innen müssen im Vorfeld wissen, wann Kulanz angebracht ist und wann nicht.
Wann Sie Kulanzgründen folgen sollten und wann nicht
Kundenbindung ist ein wichtiger Faktor, wenn Sie kulant sein wollen. Seien Sie kulant, wenn Sie dadurch Folgeaufträge generieren können. Ist ein:e Kund:in unverzichtbar für Sie, weil Sie durch den Verlust der damit verbundenen Aufträge am Markt nicht mehr bestehen können, oder fürchten Sie, durch den Verlust diese:r Kund:in auch weitere Kund:innen zu verlieren, gewähren Sie immer Kulanz. Kulanzgründe sind neben der positiven Reputation also vor allem Kundenbindung und Auftragssteigerung – oder die Verminderung der negativen Äquivalente.
Darauf, den Kulanzgründen Ihrer Kund:innen nachzugeben, zu verzichten sollten Sie hingegen, wenn Ihre Liquidität dadurch gefährdet wird. Niemandem ist geholfen, wenn Sie Cashflow-Probleme bekommen, weil Sie an anderer Stelle kulant waren. Übersteigt der Aufwand für die Kulanz ihren Nutzen, wenn Sie zum Beispiel keine Folgeaufträge oder höhere Kundenbindung durch die Kulanz erwarten, sollten Sie ebenfalls auf kulantes Handeln verzichten.
Mit Controlling den Überblick in der Buchhaltung behalten
Jedes Mal, wenn Sie Kulanz gewähren, müssen Sie das als Geschäftsvorfall im Rechnungswesen berücksichtigen. Das tun Sie grundsätzlich, indem Sie den ursprünglichen Rechnungsbetrag ausbuchen und den neuen Rechnungsbetrag einbuchen.
Mit einem durchdachten Controlling in Hinblick auf Ihre Kulanzfälle behalten Sie den Überblick und können bei Bedarf Maßnahmen ergreifen.
Wenn Sie im Laufe eines Geschäftsjahres durch Ihre Buchhaltung automatisch Daten gesammelt haben, sollten Sie sich Zeit nehmen und analysieren, Halten Sie fest, wo genau und mit welchen Begründungen es überhaupt zu Kulanzfällen kommt. Am besten arbeiten Sie mit Kennzahlen:
- Ein Vergleich zwischen den Kosten, die durch Kulanzfälle entstanden sind und Ihren Umsatz
- Die Erfassung der Kulanzfälle auf alle verkauften Produkte
- Die Erfassung der Kulanzfälle pro Verkäufer
Aus diesen Kennzahlen können Sie wichtige Einsichten erhalten. Wird bei bestimmten Produkten häufig Kulanz gewährt? Ist ein:e Verkäufer:in kulanter als andere? Auf diese Analyseergebnisse können Sie reagieren.
Bei einer gewährten Kulanz stellen Sie in der Regel keine Rechnung aus. Das kann aber in manchen Fällen sinnvoll sein, wenn Ihr:e Kund:in zum Beispiel das Produkt weiterverkaufen will oder für die ausgeführte Leistung einen Nachweis benötigt. In dem Fall können Sie eine sogenannte Nullrechnung ausstellen, in der die Position aufgeführt, aber mit einem Betrag von 0,00 Euro abgerechnet wird.
So wird ein Kulanzantrag gestellt
Kulanz bezieht sich natürlich nicht ausschließlich auf Laufkundschaft im Einzelhandel. Kulanzgründe können sich auch bei laufenden Verträgen, abgelaufenen Garantien oder bei Dienstleistungen ergeben. In solchen Fällen ist es oft notwendig, einen Kulanzantrag zu stellen.
Wer stellt einen Kulanzantrag?
Kund:innen, die einen befristeten Kauf-, Werk- oder Dienstvertrag abgeschlossen haben, können einen Kulanzantrag stellen, um frühzeitig aus diesem Vertrag herauszukommen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie eine Mitgliedschaft bei einem regelmäßig abrechenbaren Online-Kurs zu spät kündigen – stellen Sie einen Kulanzantrag und hoffen, dass so das Vertragsverhältnis vorzeitig beendet werden kann.
Abgelaufene Garantien können mit einem Kulanzantrag ebenfalls über einen kurzen Zeitraum verlängert werden. Die gesetzliche Gewährleistung für Elektrogeräte gilt in Deutschland für 24 Monate. Aber was ist, wenn der Laptop nach 25 Monaten plötzlich den Geist aufgibt? In dem Fall kann ein Kulanzantrag ebenfalls helfen.
Hat Ihr:e Kund:in Ihre Arbeit nicht abgenommen und meldet sich deutlich nach der Frist, innerhalb derer laut Ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen Änderungswünsche an Ihrer Werkleistung zu äußern sind? Vielleicht erhalten Sie einen Kulanzantrag wegen einer aus nachvollziehbaren Gründen versäumten Frist.
Wie stellt man einen Kulanzantrag?
Ein Kulanzantrag ist im Kern ein vom Unternehmer erstelltes Formular, das die wichtigsten Informationen zum vorhandenen Mangel enthält und eindeutig dem vereinbarten Vertrag zuzuordnen ist. Eine möglichst ausführliche Beschreibung des Mangels ist der Hauptteil des Kulanzantrags. Wann der Mangel erstmals aufgetreten ist und was gegebenenfalls bisher dagegen unternommen wurde, sollte auch im Kulanzantrag stehen. Ganz wichtig sind Details wie die die Rechnungsnummer, damit nachvollziehbar ist, dass der Kunde oder die Kundin das Produkt auch wirklich bei Ihnen erworben hat.
Fazit: Das ist bei Kulanz zu beachten
Im besten Fall ist die Kulanz ein Win-Win-Geschäft für beide Seiten. Ihr:e Kund:in bekommt das, was er:sie gerne will, und Ihr Unternehmen profitiert von einer positiven Kundenbindung. Im richtigen Maß ist Kulanz also eine gute Strategie. Stellen Sie sich auf Kulanzfälle ein und bereiten Sie ein Kulanzformular als Vorlage für Ihre Kund:innen vor. Wenn Sie zusätzlich im Vorfeld ein paar Regeln und Grenzen festlegen, anhand derer Ihre Mitarbeiter:innen über Kulanzfälle selbst entscheiden können, werden Sie im Alltag wenig Mehraufwand durch Kulanz feststellen können.