Liquiditätsgrade

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    Zusammenfassung

    Begriff

    Die Liquiditätsgrade sind Kennzahlen der bestandsorientierten Liquiditätsanalyse. Bei der bestandsorientierten Liquiditätsanalyse analysiert man die Bilanz eines Unternehmens im Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen und Vermögenspositionen. Um Aussagen über die Liquidität des Unternehmens treffen zu können, werden Zahlungsverpflichtungen und Vermögenspositionen in ein Verhältnis zueinander gesetzt. Liquidität entspricht dabei dem Begriff der Zahlungsfähigkeit. Folglich versteht man unter Liquidität die Fähigkeit eines Unternehmens, die zu einem Zeitpunkt zwingend fälligen Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt erfüllen zu können. Die Liquiditätsgrade können als Grundlage für bestimmte Finanzierungsregeln dienen, die Unternehmen anwenden können, um ihre Finanzierung zu optimieren.

    Liquiditätsgrade einfach erklärt

    Bestimmte Vermögenspositionen werden kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenübergestellt. Die Verhältniszahlen werden dann in Liquiditätsgraden dargestellt. Erklären lässt sich der Begriff „Liquiditätsgrade“ dadurch, dass von der Liquidität ersten Grades bis zu der dritten Grades die Geldwerdungsdauer der in die Analyse einbezogenen Vermögensgegenstände graduell abnimmt.

    Folglich kann man diese Abstufungen unterteilen:

    • Liquiditätsgrad 1. Ordnung: Kurzfristige Verbindlichkeiten
    • Liquiditätsgrad 2. Ordnung: Mittelfristige Verbindlichkeiten
    • Liquiditätsgrad 3. Ordnung: Langfristige Verbindlichkeiten
    So wird der Liquiditätsgrad unterteilt

    Der den Liquiditätsgraden zugrundeliegende Grundgedanke ist, dass man mit kurzfristigen Verbindlichkeiten (wie einem kurzfristigen Bankkredit) keine langfristige Mittelbindung,(wie durch den Kauf einer Anlage) vornehmen sollte. Die Wiedergeldwerdung der gebundenen Mittel reicht über den Zeitraum hinaus, in dem die kurzfristigen Mittel bereitstehen, was wiederum zu Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der kurzfristigen Mittel führen kann.

    Um das zu vermeiden folgen die Liquiditätsgrade dem Gedanken einer fristenkongruenten Finanzierung.

    Das bedeutet, dass langfristig gebundene Mittel langfristig und kurzfristig gebundene Mittel kurzfristig finanziert werden sollen.

    Hinter der Berechnung der Liquiditätsgrade steht die Vorstellung, dass mit kurzfristigen Verbindlichkeiten in näherer Zukunft Auszahlungen verbunden sind, für die dann liquide Mittel nötig sind. Wenn solche Mittel nicht im nötigen Umfang bereitstehen, können Liquiditätsprobleme folgen. Um diese zu vermeiden sollten also zum Bilanzstichtag entweder liquide Mittel oder kurzfristig liquidierbare Vermögenswerte mindestens in Höhe der kurzfristigen Verbindlichkeiten vorhanden sein.

    Um eine ausreichende Liquidität zu gewährleisten, stehen Unternehmen verschiedene Finanzierungsmittel zur Verfügung. Dazu zählen beispielsweise Bankkredite, die Ausgabe von Anleihen oder die Aufnahme von Gesellschafterdarlehen. Auch die Gewährung von Lieferantenkrediten kann zur Sicherung der Liquidität beitragen.

    Ermittlung der Liquiditätsgrade

    Sowohl kurzfristige Zahlungsverpflichtungen als auch Mittel zur Deckung dieser werden in einer Bilanz ausgewiesen. Unter kurzfristig ist dabei ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zu verstehen. Die drei Liquiditätsgrade unterscheiden sich darin, ob zur Deckung der kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen die vorhandenen Zahlungsmittel, das monetäre Umlaufvermögen oder das gesamte Umlaufvermögen eingesetzt werden soll. In folgender Abbildung werden die Berechnung der Liquiditätsgrade mit den entsprechenden Formeln illustriert und mit einem Beispiel demonstriert.

    Für das Rechenbeispiel gelten folgende Daten:

    Vorhandene Zahlungsmittel: 15.000 EUR

    Monetäres Umlaufvermögen: 60.000 EUR

    Umlaufvermögen: 90.000 EUR

    Kurzfristige Verbindlichkeiten: 50.000 EUR

    Durch die Liquiditätsgrade wird angezeigt, in welchem Umfang die kurzfristigen Verbindlichkeiten am Bilanzstichtag gedeckt sind.

    Liquidität 1. Grades

    Bei der Liquidität ersten Grades, die auch Barliquidität oder Cash Ratio genannt wird, werden zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten lediglich die Zahlungsmittel genutzt. Kurzfristige Verbindlichkeiten sind Schulden, die innerhalb eines Jahres fällig sind.

    Die Liquidität 1. Grades wird mit folgender Formel berechnet:

    Liquidität 1. Grades = Zahlungsmittel / Kurzfristige Verbindlichkeiten

    Für das Rechenbeispiel bedeutet das:

    Liquidität 1. Grades = 15.000 EUR / 50.000 EUR = 0,3 = 30%

    Ein Liquiditätsgrad von 100 % würde bedeuten, dass ein Unternehmen alle seine Schulden durch Barzahlung oder Überweisung begleichen kann. Jedoch liegt der Richtwert für die Liquidität 1. Grades in der Praxis bei rund 20 %.

    Liquidität 2. Grades

    Beim zweiten Grad werden darüber hinaus Vermögenswerte herangezogen, die innerhalb kurzer Zeit liquidiert werden können.

    Die Liquidität zweiten Grades wird auch als Acid Test oder Net Quick Ratio bezeichnet. Bei ihr wird das monetäre Umlaufvermögen, also Zahlungsmittel, kurzfristiges Finanzumlaufvermögen und längerfristiges Finanzumlaufvermögen, miteinbezogen.

    Die Formel für die Liquidität 2. Grades lautet:

    Liquidität 2. Grades = Monetäres Umlaufvermögen / Kurzfristige Verbindlichkeiten

    Berechnet man nun die Liquidität 2. Grades an dem Rechenbeispiel, muss man folgende Werte in die Formel einsetzen:

    Liquidität 2. Grades = 60.000 EUR / 50.000 EUR = 1,2 = 120%

    Der Richtwert für die Liquidität 2. Grades beträgt in der Regel etwa 100%, was bedeutet, dass die kurzfristigen Verbindlichkeiten durch Forderungen und liquide Mittel vollständig gedeckt sein sollten. Es ist jedoch zu beachten, dass das Risiko von Forderungsausfällen berücksichtigt werden muss, selbst wenn alle kurzfristigen Verbindlichkeiten gedeckt sind.

    Liquidität 3. Grades

    Auch bei der Liquidität 3. Grades werden Vermögenswerte herangezogen, die innerhalb kurzer Zeit liquidiert werden können.

    Bei der Liquidität dritten Grades, auch Current Ratio genannt, wird das gesamte Umlaufvermögen, also Vorräte und das monetäre Umlaufvermögen, zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt. Zu Vorräten können beispielsweise Rohstoffe, Halbfertigprodukte oder Fertigwaren zählen
    Der 3. Liquiditätsgrad wird mit dieser Formel berechnet:

    Liquidität 3. Grades = Umlaufvermögen / Kurzfristige Verbindlichkeiten

    Schließlich wird die Liquidität 3. Grades an unserem Beispiel so berechnet:

    Liquidität 3. Grades = 90.000 EUR / 50.000 EUR = 1,8 = 180%

    Ein Richtwert für die Liquidität 3 ist etwa 200%. Ein Wert von 100% würde bedeuten, dass das gesamte Umlaufvermögen eines Unternehmens gerade ausreicht, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten abzudecken. In diesem Fall könnte ein kleiner Forderungsausfall bereits ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten verursachen, was den relativ hohen Richtwert erklärt.

    Die Liquiditätsgrenze erhöhen

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Liquiditätsgrenze zu erhöhen. Einige Möglichkeiten sind:

    • Factoring: Beim Factoring verkauft das Unternehmen seine offenen Forderungen an eine:n Factor:in, der dem Unternehmen im Gegenzug einen Teil des Forderungsbetrags sofort auszahlt. Dadurch erhält das Unternehmen sofort Liquidität und muss nicht auf die Zahlung der Forderungen warten
    • Sale-and-Lease-Back: Ein Unternehmen verkauft Vermögenswerte an eine:n Investor:in und least sie anschließend zurück. Durch den Verkauf erhält das Unternehmen sofort Liquidität, ohne dass es die Vermögenswerte aus dem Betrieb entfernen muss.
    • Verkauf von Vermögenswerten: Ein Unternehmen kann Vermögenswerte wie Immobilien, Aktien oder Anleihen verkaufen, um mehr liquide Mittel zu generieren.
    • Kosteneinsparungen: Durch Einsparungen bei den Betriebskosten kann ein Unternehmen mehr liquide Mittel zur Verfügung haben.

    Es ist wichtig zu beachten, dass jede Maßnahme zur Erhöhung der Liquidität ihre Vor- und Nachteile hat und sorgfältig geprüft werden sollte, um sicherzustellen, dass sie zu den Zielen des Unternehmens passt und langfristig tragfähig ist.

    Kritik an den Liquiditätsgraden

    Die Liquiditätslage gilt als günstiger, je höher der ermittelte Liquiditätsgrad ist.

    Allerdings muss man beachten, dass unnötig hohe Liquidität die Rentabilität belastet. Weil Zahlungsmittelbestände relativ niedrig verzinst werden, halten die meisten Betriebe ihre Liquidität ersten Grades gering, da bei kurzfristigen Liquiditätsengpässen in der Regel Bankkredite aufgenommen werden können.

    Allerdings sollte man die Aussagekraft der Liquiditätsgrade nicht überschätzen. Da es sich um bilanzorientierte Kennzahlen handelt, stellen sie die Vergangenheit dar, sodass Aussagen über zukünftige Zahlungsverpflichtungen nur bedingt möglich sind.

    Darüber hinaus werden Liquiditätspotenziale, wie z.B. im Finanzanlagevermögen gehaltene Grundstücke in guter Lage, nicht berücksichtigt. Schließlich wird unterstellt, dass sich alle in die einzelnen Liquiditätsgrade einbezogenen Vermögensgegenstände auch tatsächlich kurzfristig in liquide Mittel umwandeln lassen. Damit wird aber die Möglichkeit außer Betracht gelassen, dass im Umlaufvermögen ggf. auch schwer liquidierbare Positionen enthalten sein können, wie z.B. spezifische Rohstoffe oder nicht marktgängige Zwischenprodukte.

    Die Nachteile der Liquiditätsgrade

    Als Nachteil der Liquiditätsgrade ist insbesondere auch deren Manipulierbarkeit zu nennen. Dies gilt insbesondere für die Perspektive eines externen Analysten, der auf die Bilanzdaten angewiesen ist und dem keine weiteren unternehmensinternen Daten zur Verfügung stehen.

    So lassen sich Liquiditätsgrade bereits durch eine einfache Bilanzverlängerung bzw. -verkürzung im kurzfristigen Bereich, beispielsweise durch die Aufnahme oder Rückzahlung eines kurzfristigen Kredits am Bilanzstichtag, beeinflussen. Wird z.B. unterstellt, dass vor einer Kreditrückzahlung das Umlaufvermögen eine Höhe von 90.000 EUR aufweist und die kurzfristigen Verbindlichkeiten 50.000 EUR betragen, resultiert daraus eine Liquidität dritten Grades i.H.v. (90.000 EUR / 50.000 EUR =) 180 %.

    Wird nun am Bilanzstichtag ein kurzfristiger Kredit i.H.v. 10.000 EUR zurückgezahlt, verringert sich das Umlaufvermögen auf 80.000 EUR. Zudem nehmen auch die kurzfristigen Verbindlichkeiten auf 40.000 EUR ab. Demnach ergibt sich nach der Rückzahlung des Kredits eine Liquidität dritten Grades i.H.v. (80.000 EUR / 40.000 EUR =) 200 %. Auf diese Weise kann durch die Rückzahlung eines kurzfristigen Kredits eine Liquidität dritten Grades erzeugt werden, die allgemein anerkannten Standards genügt.

    Jedoch ist zu berücksichtigen, dass sich die Rückzahlung des Kredits auch bei den beiden anderen Liquiditätsgraden niederschlägt. So verringert sich die Liquidität ersten Grades auf (5.000 EUR / 40.000 EUR =) 12,5 %. Die Liquidität zweiten Grades wächst demgegenüber durch die Rückzahlung des Kredits auf (50.000 EUR / 40.000 EUR =) 125 % an.

    Zusammenfassung: Die Liquiditätsgrade

    Die Liquiditätsgrade sind Kennzahlen zur Analyse der Bilanz eines Unternehmens. Um die Liquidität feststellen zu können, werden Zahlungsverpflichtungen und Vermögenspositionen in ein Verhältnis zueinander gesetzt. Die drei Liquiditätsgrade unterscheiden sich in den Mitteln, die zum kurzfristigen Vermögen gezählt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Liquiditätsgrenze zu erhöhen. Allerdings belastet eine unnötig hohe Liquidität die Rentabilität.

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