Gesellschafterversammlung

Einberufung, Vorbereitung & Durchführung

„Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns bei der Besetzung unserer Stelle ‚Assistent der Geschäftsleitung‘ für Sie entschieden haben.“. Markus war begeistert, nachdem er diese Zeilen des Schreibens von der Personalabteilung der Digital-Consulting GmbH gelesen hatte. Sein BWL-Studium hatte er eben erst erfolgreich abgeschlossen; entsprechend aufgeregt war er, dass es nun endlich losgehen sollte. Die Digital-Consulting GmbH war für ihn ein optimaler Berufsstart, das junge IT-Beratungsunternehmen in Koblenz war aufstrebend und hatte noch keine eingefahrenen Strukturen. Hier war sich Markus sicher, seine BWL-Kenntnisse aus dem Studium ambitioniert einsetzen zu können.

Sein Aufgabengebiet wurde in den bisherigen Bewerbungsgesprächen mit der Unterstützung der Geschäftsleitung in betriebswirtschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen angegeben. Die Digital-Consulting GmbH war von jungen Gesellschaftern gegründet worden – gab es weder bei den Anteilseignern noch bei den Geschäftsführern Erfahrungswerte in der Abhandlung gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen einer GmbH.

So kam es, dass Markus nach seinen ersten Arbeitstagen, die mit Kennenlernen und Einarbeiten ausgefüllt waren, eine anspruchsvolle und zugleich wichtige Aufgabe bekam: Er sollte die erste Gesellschafterversammlung organisieren und die Geschäftsleitung bei der Durchführung der Veranstaltung unterstützen. Dass er beauftragt wurde, nicht nur selbst teilzunehmen, sondern auch bei der Versammlung das Gesellschafterprotokoll zu erstellen, war für ihn kein Problem. Er war ehrenamtlich im örtlichen Fußballverein tätig; da wurde er schon das eine oder andere Mal als Protokollführer eingesetzt.

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Markus kam während seines Studiums in den Vorlesungen mehrfach mit Gesellschaftsrecht in der Theorie in Kontakt; aber eine Gesellschafterversammlung nun live vor- und nachzubereiten, das war schon eine andere praktische Hausnummer. Er wusste, dass die GmbH per Gesetz über zwei Organe verfügt: Zum einen den oder die Geschäftsführer:in, von denen es in der jungen Digital-Consulting GmbH zwei gab, die gleichzeitig Gesellschafter waren. Die Geschäftsführer:innen fungieren innerhalb der GmbH als ausführendes und handelndes Organ – sie sind also für die operativen Alltags-Tätigkeiten der Gesellschaft zuständig. Zum anderen gibt es als zweites Organ die Gesellschafter:innen, die in der Gesellschafterversammlung den Willen der Gesellschaft bilden und einbringen. Sie bilden das zentrale Beschluss- und Entscheidungsgremium der Gesellschaft und können somit auf die Unternehmenspolitik und die grundlegende Tätigkeit der GmbH Einfluss nehmen.

Markus wusste auch noch, dass es im GmbH-Gesetz nur relativ schwammige Regelungen zur Gesellschafterversammlung gibt. Um hier für seinen neuen Arbeitgeber und die angekündigte erste Gesellschafterversammlung vorbereitet zu sein, warf er nochmals einen Blick in den § 46 GmbHG. Dort sind die wesentlichen Aufgaben der Gesellschafter einer GmbH aufgeführt:

  1. Feststellung des aufgestellten Jahresabschlusses sowie die Ergebnisverwendung
  2. Offenlegungsentscheidung zum Jahresabschluss nach internationalen Rechnungslegungsstandards und die Billigung des Einzel- oder Konzernabschlusses
  3. Einforderung von Stammeinlageneinzahlungen in die GmbH
  4. Rückzahlung von Nachschüssen
  5. Die Teilung, Zusammenlegung oder Einziehung von Anteilen an der GmbH
  6. Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern sowie deren Entlastung
  7. Aufstellung von Regeln zur Überwachung der Geschäftsführer:innen
  8. Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten
  9. Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft gegenüber Geschäftsführer:innen oder Gesellschafter:innen
  10. Prozessvertretung der Gesellschaft in Verfahren, die gegen Geschäftsführer:innen zu führen sind
Gesellschafterversammlung Aufgaben

Für die anstehende Gesellschafterversammlung der Digital-Consulting GmbH waren die Feststellung des Jahresabschlusses und die Entlastung der Geschäftsführer vorgesehen, das wurde Markus bereits mitgeteilt. Aber was bedeutet die Entlastung der Geschäftsführer eigentlich genau? Markus kannte das zwar in der blanken Theorie und von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Fußballverein. Dort musste er die Entlastung auch ins Protokoll übernehmen, ohne dass er genau wusste, was das im Detail bedeutet. Ein Anruf bei seinem ehemaligen Professor brachte Licht ins Entlastungsdunkel:

Mit der Entlastung durch die Gesellschafterversammlung billigt die Gesellschaft grundsätzlich die Tätigkeit der Geschäftsleitung im vergangenen Betrachtungszeitraum und spricht den Geschäftsführer:innen für die Zukunft das Vertrauen aus. Weitaus wichtiger bei der Entlastung ist der Verzicht der Gesellschaft auf Schadensansprüche. Strittig ist, wie weit dieser Verzicht geht. Zustimmung besteht in der Literatur, dass alle Sachverhalte, von denen die Gesellschafter:innen bei Beschluss der Entlastung positive Kenntnis hatten, vom Verzicht erfasst werden. Liegen Schadensersatz begründende Sachverhalte vor, die aus den Unterlagen und Berichten der Geschäftsführer:innen erkennbar gewesen wären, greift der Verzicht nach herrschender Meinung ebenfalls.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung haben Geschäftsführer:innen keinen Anspruch auf Erteilung einer Entlastung. Bestehen Zweifel oder konnten während der Versammlung die entsprechenden Unterlagen nicht ausreichend geprüft werden, kann der Entlastungsbeschluss auch verweigert und vertagt werden.

Gesellschafterversammlung einer GmbH organisieren - Keine kleine Aufgabe für den Assistenten der Geschäftsführung

Nachdem in der Digital-Consulting GmbH alle organisatorischen Vorbereitungen zur Gesellschafterversammlung abgeschlossen waren (Terminabstimmung, Auswahl der Location, Abklärung der technischen Ausstattung, Catering), bat einer der Gesellschafter, Markus die Versammlung offiziell einzuberufen. Doch wie ist eigentlich eine Gesellschafterversammlung rechtssicher einzuberufen? Auch hier half Markus ein Blick ins GmbH-Gesetz. Im § 51 Abs. 1 GmbHG sind die Form- und Fristvorschriften explizit geregelt: Die Einberufung hat durch einen eingeschriebenen Brief mit einer Frist von mindestens einer Woche zu erfolgen. Die Zeit sollte für Markus kein Problem werden – die Versammlung war erst in drei Wochen vorgesehen. Im Gesellschaftsvertrag war zwar vorsorglich ein Passus eingefügt, wie diese Fristen zu berechnen sind – vornehmlich bei im Ausland wohnhaften Gesellschaftern. Da alle Gesellschafter der Digital-Consulting GmbH in Deutschland wohnhaft waren, kam dieser Passus – der vielfach in GmbH-Satzungen Verwendung findet – nicht zur Anwendung.

Markus wusste nun, dass die Einladungen mittels eingeschriebenen Briefs an die Gesellschafter gehen mussten. Vom Steuerberater der Digital-Consulting GmbH bekam er eine Mustereinladung, die er an seine Bedürfnisse angepasst hat:

Per Einschreiben
An die Gesellschafter der
Digital-Consulting GmbH

Sehr geehrte Gesellschafter,
hiermit lade ich Sie als Geschäftsführer der Digital-Consulting GmbH im Namen der Gesellschaft zur ersten ordentlichen Gesellschafterversammlung am 15.06.2022 um 15 Uhr im Hotel ComeTogether in Koblenz ein.
Die Geschäftsführung schlägt folgende Tagesordnung vor:

  1. Feststellung des Jahresabschlusses der Digital-Consulting GmbH zum 31.12.2021
    (eine Kopie des Jahresabschlusses aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang ist beigefügt)
    Die Geschäftsführung schlägt folgenden Beschluss vor: „Der vorgelegte Jahresabschluss zum 31.12.2021 wird festgestellt.“
  2. Beschlussfassung über die Verwendung des Ergebnisses aus dem Geschäftsjahr 2021.
    Die Geschäftsführung schlägt folgenden Beschluss vor: „Der Jahresüberschuss in Höhe von insgesamt 52.546,80 EUR wird in die Gewinnrücklage eingestellt.“
  3. Entlastung der Geschäftsführer
    Die Geschäftsführung schlägt folgenden Beschluss vor: „Der Geschäftsführung wird für das Geschäftsjahr 2021 Entlastung erteilt.“

Mit freundlichen Grüßen

Um hier den offiziellen Weg einzuhalten, unterzeichnete Markus das Einladungsschreiben nicht „im Auftrag“, sondern ließ es ganz offiziell von einem der Geschäftsführer unterschreiben. Die Unterschriften beider Geschäftsführer waren nicht erforderlich, da jeder von ihnen zur Einberufung einer Versammlung berechtigt ist (§ 49 Abs. 1 GmbHG).

Markus hat die Einladungen und die Kopie der Bilanz persönlich zur Post gebracht und wollte diese per Einschreiben aufgeben. Am Postschalter stand er vor der Frage, ob die Briefe als „Einwurf-Einschreiben“ oder als „Einschreiben mit Rückantwortschein“ versendet werden sollen. Im ersten Fall (Einwurf-Einschreiben) wird nur bestätigt, dass der Zusteller das Einschreiben „eingeworfen“ hat; im zweiten Fall (Einschreiben mit Rückantwortschein) quittiert der Empfänger die Zustellung auf einem Rückantwortschein, der dann zu Nachweiszwecken an den Empfänger zugestellt wird. Eine Regelung, welche Form des Einschreibens zu verwenden ist, hat Markus im Gesellschaftsvertrag nicht gefunden – wie standen denn nun das GmbH-Gesetz und die Gerichte zu diesen Optionen? Eine Kurz-Recherche im Internet hat ihm verraten, dass die Rechtsprechung davon ausgeht, dass ein Einwurf-Einschreiben als ausreichend angesehen wird.

Angeschrieben hat Markus alle stimmberechtigten Gesellschafter; einer der Gesellschafter ist von der Stimmabgabe ausgeschlossen und erhielt keine Einladung. Nach der Rückkehr ins Büro war sich Markus nicht sicher, ob es korrekt war, dem nicht stimmberechtigten Gesellschafter keine Einladung zukommen zu lassen. Er recherchierte die Frage, welche Gesellschafter:innen zur Versammlung einzuladen sind und fand heraus, dass ausnahmslos alle Gesellschafter:innen einzuladen sind – unabhängig von deren Recht zur Stimmabgabe. Seine auf Unwissenheit fußende Entscheidung, den nicht stimmberechtigten Gesellschafter eine Einladung vorzuenthalten, hätte die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse zu Folge gehabt. Dieser Fehler kann mit einfachen Mitteln verhindert werden: Ein aktueller Blick in die im Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste gibt klar vor, wer zur Versammlung einzuladen ist.

Nachdem der nicht stimmberechtigte Gesellschafter nachträglich noch eine Einladung zur Gesellschafterversammlung erhalten hat, natürlich per Einwurf-Einschreiben, sind fristgerecht alle Gesellschafter eingeladen worden und Markus konnte diese Teilaufgabe offiziell abhaken.

Gesellschafterversammlung Ablauf

Bereits wenige Tage nach Versand der Einladungen wurde Markus mit weiteren Herausforderungen bei der Planung konfrontiert. Einer der Gesellschafter hatte angekündigt, sich von seinem bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten zu lassen; ein weiterer Gesellschafter hatte angefragt, ob er einen befreundeten Jura-Student mitbringen dürfte. Sind diese beiden Teilnahmeoptionen eigentlich zulässig, und wenn ja, welche Regelungen gibt es hierzu? Es war also erneut ein Blick in die Satzung der Gesellschaft erforderlich; in der Regel der erste Weg auf der Suche nach Antworten auf gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. Markus hatte sich die Satzung bereits auf seinem geschäftlichen Notebook abgespeichert und mit der OCR-Funktion den Text erkennen lassen – so konnte er den Text schnell mit der Suchfunktion durchforsten, ohne die Satzung immer wieder von vorne lesen zu müssen. Aber weder das analoge Lesen noch das digitale Durchsuchen gab eine Antwort auf die aktuellen Fragen, also war wiederum eine Recherche in der GmbH-Literatur erforderlich:

Teilnahmeberechtigt an einer Gesellschafterversammlung sind in erster Linie alle Gesellschafter:innen – unabhängig von deren Stimmrecht; ähnliches hatte Markus bereits im Zuge der Versendung von Einladungen in Erfahrung gebracht. Da der Gesellschaftsvertrag keine explizite Erlaubnis oder Einschränkung für anderweitige Teilnehmer enthielt, wird in der Literatur empfohlen, die Frage im Zuge eines Gesellschafterbeschlusses zu Beginn der Versammlung zu klären. Ein Rechtsanwalt wird jedoch grundsätzlich immer statt eines Gesellschafters teilnehmen dürfen; sofern er eine entsprechende rechtsgültige Vollmacht nachweisen kann. Das erste Gesuch des einen Gesellschafters wurde also für Markus kein Problem. Schwieriger wurde es da sicherlich beim zweiten Gesuch: das Mitbringen eines Jura-Studenten. Da es in einer Gesellschafterversammlung um vertrauliche, interne Angelegenheiten geht, wird die Erfordernis der Teilnahme eines befreundeten Studenten in der Regel wenig Überzeugung finden; und schon gar keine Unterstützung in der Rechtsprechung. Hier hat der vertretende Rechtsanwalt die deutlich besseren Karten; die Verweigerung seiner Teilnahme könnte sogar die Nichtigkeit der in der Versammlung beschlossenen Maßnahmen und Entscheidungen zur Folge haben. Markus antwortete den anfragenden Gesellschaftern daher, dass er eine Teilnahme des Rechtsanwalts bestätigen und die des Studenten nicht bestätigen kann. Die studentische Teilnahme würde er aber zu Beginn der Sitzung bei den Gesellschaftern zur Abstimmung bringen.

Nachdem nun alle Hindernisse für die erste ordentliche Gesellschafterversammlung beseitigt worden waren, war Markus sichtlich erleichtert. Ihm wurde während der Vorbereitungen der oft zitierte Unterschied zwischen Theorie und Praxis vor Augen geführt – es sollte nicht das letzte Mal sein. Um für die nächste praktische Herausforderung gewappnet zu sein, stellte sich Markus die Frage, wie denn eine anderweitige Einberufung einer Versammlung aussehen müsste. Wer kann eine Gesellschafterversammlung einberufen – trotz eventueller Widerstände anderer? Ein Gespräch mit einem der Gesellschafter, mit dem er bereits ein gutes Verhältnis aufgebaut hatte, gab eine erste Antwort. Dieser Gesellschafter hatte bei seinem Eintritt in die Gesellschaft auf Anraten seiner Berater ein spezielles Einberufungsrecht in der Satzung verankern lassen. Dieses Sonderrecht ist bei Weitem nicht in allen GmbH-Satzungen enthalten und deren Fehlen verursacht oft Streitigkeiten über die Notwendigkeit oder eben die Nicht-Notwendigkeit einer Einberufung. Sofern im Gesellschaftsvertrag keine weiteren Einberufungsfälle geregelt sind, greift – wie so oft – das Gesetz. Im GmbH-Gesetz ist in § 49 Abs. 2 geregelt, dass in „ausdrücklich bestimmten Fällen“ eine Versammlung einzuberufen ist, wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. Das ist natürlich sehr unklar und bürokratisch ausgedrückt – gemeint sind die wesentlichen Aufgaben der Gesellschafter:innen einer GmbH, die im § 46 GmbHG aufgelistet sind; u. a. die Feststellung des Jahresabschlusses.

Einen weiteren Pflicht-Einberufungsfall fand Markus im § 49 Abs. 3 GmbH-Gesetz: Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ist per Gesetz einzuberufen, wenn die Hälfte des Stammkapitals verloren ist. Dies erschien Markus für die junge Digital-Consulting GmbH noch als unwahrscheinlich – man sollte es in seiner Position aber wissen und im Hinterkopf behalten.

Viel wahrscheinlicher war da der Einberufungsfall des § 50 GmbHG. Gesellschafter:innen einer GmbH, deren Geschäftsanteile mindestens 10 % des Stammkapitals umfassen, können die Einberufung einer Gesellschafterversammlung von der Geschäftsführung unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen. Wird diesem Verlangen nicht entsprochen – die offizielle Einberufung erfolgt durch die Geschäftsführer:innen – können die Gesellschafter die eingeforderte Versammlung nach Ablauf einer angemessenen Frist selbst einberufen.

Auch diese Fälle waren für Markus jetzt erst einmal nicht relevant. Der Tag der ersten ordentlichen Gesellschafterversammlung der Digital-Consulting GmbH rückte näher. Allerdings sollte es vor dieser Versammlung weitere Hürden zu umschiffen geben. Drei Tage vor dem Termin sagte das Hotel, in dem die Gesellschaftsversammlung eigentlich stattfinden sollte, kurzfristig auf Grund eines Wasserschadens ab. Eine Verlegung der Versammlung um mehrere Wochen wäre zwar eine Option gewesen – dies wäre aber rechtlich wie eine Neueinberufung einzustufen; mit den vollumfänglichen Form- und Fristerfordernissen. Nun stand für die Digital-Consulting GmbH die Entscheidung im Raum, die Versammlung zur Einhaltung der Fristvorgaben nur wenige Tage weiter in die Zukunft zu verlegen und somit keine weitere Zeit zu verlieren. Eine kurze Abstimmung bei allen Gesellschaftern durch Markus ergab, dass sehr bald zwei der Gesellschafter aufgrund einer längeren privaten Reise nicht verfügbar wären. Aus der Satzung der Digital-Consulting GmbH wusste Markus, dass für die Beschlussfähigkeit einer Gesellschafterversammlung mindestens 75% der Stimmrechte anwesend sein mussten. Daher blieb nur eine Option, um die Versammlung noch ordnungsgemäß durchzuführen; und diese fand Markus im § 51 Abs. 3 GmbHG. Ist eine Versammlung nicht ordnungsgemäß einberufen, können Gesellschafterbeschlüsse nur gefasst werden, wenn sämtliche Gesellschafter:innen anwesend sind, also 100 % des Stammkapitals vertreten ist, und diese der Beschlussfassung nicht widersprechen. Gleiches gilt für die Beschlussthemen, die nicht (mehr) rechtzeitig angekündigt werden können. Da alle Gesellschafter zum ursprünglichen Termin kommen könnten, wurde kurzerhand, und in Absprache mit den Teilnehmern, der Versammlungsort vom überfluteten Hotel ins Besprechungszimmer des Unternehmens verlegt.

Es sollte die letzte Hürde gewesen sein, die Markus im Rahmen der Vorbereitungen der ersten Gesellschafterversammlung der Digital-Consulting GmbH nehmen musste. Der Tag der Versammlung war gekommen und alle Gesellschafter waren wie angekündigt anwesend. Die leitende Durchführung der Versammlung war nicht Aufgabe von Markus, sondern oblag dem ältesten Gesellschafter – so sah es die Satzung vor. Ohne diese Regelung wäre ein Versammlungsleiter per Mehrheitsbeschluss zu bestimmen gewesen. Die Bestimmung eines Versammlungsleiters ist jedoch keine gesetzliche Vorgabe – es empfiehlt sich aber einen solchen einzusetzen, da so eine zielgerichtete Abhandlung der Versammlung wahrscheinlicher ist.

Leitung und Protokollierung einer Gesellschafterversammlung

Ebenfalls gesetzlich nicht vorgeschrieben ist die Protokollierung der Gesellschafterbeschlüsse; eine Protokollpflicht wäre erforderlich, wenn die Digital-Consulting GmbH die Rechtsform einer Aktiengesellschaft hätte. Aber Markus war selbst bestrebt, analog der Empfehlung der gesellschaftsrechtlichen Experten:innen, die Beschlüsse detailliert zu Nachweis- und Dokumentationszwecken schriftlich zu protokollieren. Eine notarielle Beurkundung wäre lediglich bei besonderen Beschlüssen erforderlich, beispielsweise bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder bei Umwandlungen oder Verschmelzungen.

Eine der ersten Amtshandlungen des Versammlungsleiters in der eröffneten Gesellschafterversammlung war es daher, einen Protokollführer vorzuschlagen und dessen Wahl zu beschließen lassen. Wenig überraschend wurde Markus für das Protokoll auserwählt – er war darauf vorbereitet und wusste, was hier auf ihn zukam. Es war Bestandteil seiner Aufgaben in seiner neuen Position.

Im Rahmen der Vorbereitungen für diese „ehrenvolle“ Aufgabe hatte Markus bereits erarbeitet, dass im Protokoll der Gesellschafterversammlung folgende Angaben enthalten sein sollten:

  • Versammlungsdatum und -ort
  • Beginn und Ende (Uhrzeit)
  • Name des Versammlungsleiters/der Versammlungsleiterin
  • Anwesenheitsliste aller Teilnehmer:innen
  • Stimmberechtigung der Teilnehmer:innen
  • Nachweis von Vollmachten
  • Art der Abstimmung über Beschlüsse (Stimmabgabe)
  • Vorliegende Anträge und deren Abstimmungsergebnis
  • ggfs. vorliegende Auskunftsverlangen und die erteilten Inhalte
  • ggfs. vom Versammlungsleiter:in verhängte Ordnungsmaßnahmen

Der Versammlungsleiter hatte auch ordnungsgemäß die Beschlussfähigkeit der Versammlung festgestellt; es waren mindestens 75 % der satzungsgemäß vorgeschriebenen Stimmrechte anwesend. Wäre diese Vorgabe nicht erfüllt worden, hätten in der Versammlung keine Beschlüsse gefasst werden können. Ein Blick in die Satzung hätte verraten, dass in diesem Fall eine neue Gesellschafterversammlung einzuberufen wäre – unter Einhaltung der Frist- und Formvorgaben. Die zweite Versammlung wäre dann in jedem Fall beschlussfähig. Diese Zwangsvorgabe soll verhindern, dass durch Nichterscheinen von Gesellschaftern die Beschlussfähigkeit einer Gesellschafterversammlung torpediert werden kann.

Dieser Sonderweg war Markus und dem Versammlungsleiter für die erste ordentliche Gesellschafterversammlung der Digital-Consulting GmbH erspart geblieben. Alle Gesellschafter waren vor Ort und die geplanten Beschlüsse konnten gefasst werden.

Für die Standard-Beschlüsse reicht nach gesetzlicher Vorgabe die einfache Mehrheit, also mehr als 50 % der abgegebenen Stimmen. Dies regelt der § 47 Abs. 1 GmbHG für die Versammlungsfälle, bei denen keine anderweitige, vorrangige Regelung im Gesellschaftsvertrag vorhanden ist. Das Gesetz teilt für jeden Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme zu; im Falle einer Standard-GmbH mit 25.000 EUR Stammkapital stehen also 25.000 Stimmen zur Verfügung. Die Digital-Consulting GmbH hatte die gesetzliche Regelung zur Stimmabgabe in die Satzung übernommen, daher war die Hürde für die Beschlussfassung auch hier 50 % der Stimmen. Zur Anwendung kam allerdings die Besonderheit, dass die Stimmen eines nicht stimmberechtigten Gesellschafters nicht berücksichtigt werden (dürfen).

Im Gegensatz zu den Stolpersteinen und Hürden im Verlauf der Vorbereitungen zur Gesellschafterversammlung verlief die tatsächliche Versammlung dann störungsfrei. Der Versammlungsleiter führte souverän durch alle Tagesordnungspunkte und die Beschlüsse konnten wie vorbereitet gefasst werden. Für Markus war nur noch die Protokollierung der Versammlung zu erledigen. Dies war jedoch eine Aufgabe, die nicht auf einer gesetzlichen Anforderung beruhe. Behördlich erforderlich wäre ein Protokoll nur, wenn eine Abberufung eines Geschäftsführers beschlossen worden wäre, die dann noch im Handelsregister zur Eintragung angemeldet werden müsste. Besonderheiten bestünden auch im Falle einer Ein-Personen-GmbH, also einer GmbH, die nur einen Gesellschafter hat, oder bei einer 100 %-igen Tochter-GmbH – dann müsste von Gesetzes wegen (§ 48 Abs. 3 GmbHG) ein Beschlussprotokoll angefertigt und durch den Gesellschafter oder die Mutter-Gesellschaft unterzeichnet werden.

Markus wollte sich nach dem Termin noch für die (denkbaren) Fälle vorbereiten, dass eine Versammlung nicht so harmonisch verläuft. In erster Linie ist es die Aufgabe des Versammlungsleiters, Einwände und Proteste während der Versammlung zu behandeln und im optimalen Fall zu entkräften. Sollten aber Unstimmigkeiten und Einwände noch nachwirken, steht den protestierenden Gesellschaftern, die möglicherweise während der Versammlung in der Minderheit waren und somit nicht positiv auf die Beschlussfassung einwirken konnten, grundsätzlich der Klageweg offen. Im Rahmen von sogenannten „Beschlussmängelklagen in der GmbH“ können Beschlüsse, Beschlussergebnisse und Änderungen von erfolgten Beschlussinhalten in gerichtlichen Verfahren behandelt werden. Zur Anwendung kommen in diesen Fällen Anfechtungs- Nichtigkeits- oder Feststellungsklagen. Anfechtbar ist auch nachträglich die eigene Stimmabgabe, wenn die juristischen Tatbestandsmerkmale für arglistische Täuschung, Drohung oder Irrtum erfüllt sind.

Zur Erhebung von Klagen nach GmbH-Recht ist eine Klagefrist einzuhalten; in vielen Satzungen ist hier ein entsprechender Zeitraum definiert. Gibt es keine Regelung im Gesellschaftsvertrag, wird in der Regel die aus dem Aktienrecht für Anfechtungsklagen gültige Monatsfrist herangezogen. Die gesellschaftsvertragliche Festlegung einer Klagefrist ist konfliktbehaftet. Zum einen besteht das Ziel, eine möglichst kurze Frist zu haben, damit nach deren Ablauf schnell Rechtssicherheit über die Beschlüsse und die Versammlung eintritt. Auf der anderen Seite führt eine zu kurze Frist dazu, dass im Streitfall nur wenig Zeit für eine außergerichtliche Einigung zur Verfügung steht. Droht die Frist ohne Beilegung der Streitigkeiten abzulaufen, treibt dies die streitenden Gesellschafter:in unter Umständen in den Klageweg, um den Fristablauf zu verhindern.

In der Satzung der Digital-Consulting GmbH war keine individuelle Klagefrist festgesetzt worden; da Markus aber auch für mögliche Streitfälle vorbereitet sein wollte, schlug er den Gesellschaftern für die nächste Versammlung eine diesbezügliche Änderung der Satzung vor. Eine Klagefrist von zwei Monaten hielt Markus für einen guten Zwischenweg – die Gesellschafterversammlung würde dies diskutieren und eventuell beschließen. Die nächste Organisation, Einberufung und Begleitung war Markus also sicher. Gesellschafterversammlungen sind eine regelmäßige und wiederholende Pflichtveranstaltung im Leben einer GmbH.

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