Baugewerbe

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    Allgemein lässt sich das Baugewerbe als Wirtschaftszweig definieren, der Planungs- und Ausführungsleistungen erbringt, um Bauwerke zu errichten. Hierzu zählen vorrangig alle Bauunternehmen, die entsprechende Gewerke ausführen.

    Dagegen fallen folgende Bereiche regelmäßig nicht unter die Kategorie Baugewerbe:

    Baugewerbe Kategorien
    Abb. 1: Baugewerbe Kategorien

    Steuerrechtlich gibt es für die Behandlung des Arbeitslohns und sonstige Zuwendungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer im Baugewerbe keine speziellen Vorschriften. Allerdings bringen einige branchentypische Vergütungsbestandteile Besonderheiten in Bezug auf die Lohnsteuerpflicht mit sich.

    Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

    Arbeitsrecht:

    Im Baugewerbe treten prinzipiell die gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Kraft wie in anderen Industriezweigen auch. Wegen hoher Fluktuationsraten und starker Witterungseinflüsse gelten für Bauunternehmen jedoch mehrere Sonderregeln. Diese finden sich im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV). Ausländische Arbeitnehmer müssen das das Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) zu Rate ziehen. Darüber hinaus spielt der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) eine entscheidende Rolle.

    Lohnsteuer:

    Arbeitnehmer, die im Rahmen der Bauwirtschaft tätig sind, verfügen regelmäßig über keine erste Tätigkeitsstätte. Deshalb darf der Arbeitgeber durch berufliche Auswärtstätigkeiten bedingte Reisekosten im Rahmen des § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei erstatten (siehe auch R 9.5-9.8 LStR). Wenn die Baustelle zur ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers wird, so bildet § 3 Nr. 32 EStG die Rechtsgrundlage für die steuerfreie Sammelbeförderung des Arbeitnehmers zur Einsatzstelle.

    • Zur Pauschalbesteuerung des Fahrtkostenzuschusses s. § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG.
    • Zur Pauschalbesteuerung der Beträge an die Zusatzversorgungskasse s. § 40b EStG.
    • Die Steuerfreiheit des Arbeitgeberanteils zur Zusatzversorgungskasse ist in § 3 Nr. 63 EStG festgelegt.

    Sozialversicherung:

    • 101 Abs. 2 SGB III schreibt vor, wer zum Betrieb eines Baugewerbes gehört.
    • Die Beitragshaftung im Baugewerbe geht aus § 28e Abs. 3a SGB IV hervor.
    • 28f Abs. 1a SGB IV i. V. m. § 19 Abs. 1 AEntG regelt die Führung und Aufzeichnungspflicht der Lohnunterlagen.
    • Zu Bußgeldern bei nicht korrekter Führung der Lohnunterlagen s. § 111 Abs. 1 Nr. 3a SGB IV.

    Kurzübersicht

    Entgelt

    LSt

    SV

    Baustellenzulagen

    pflichtig

    pflichtig

    Beitragsanteil für die Zusatzversorgungskasse
    *Zusätzlich zu Lohn/Gehalt gezahlt und nach § 40b EStG pauschal versteuert

    pflichtig

    frei*

    Praxis-Beispiele

    • Urlaubsanspruch im Bauhauptgewerbe (gewerbliche Arbeitnehmer ab 18 Jahren)
    • Monatseinkommen für gewerbliche Arbeitnehmer
    • Monatseinkommen für gewerbliche Arbeitnehmer (Beginn oder Ende im Bezugszeitraum)
    • Monatseinkommen für gewerbliche Arbeitnehmer (krankheitsbedingte Ausfalltage im Bezugszeitraum, Kürzungsmöglichkeit)
    • Monatseinkommen für kaufmännische Angestellte
    • Monatseinkommen für kaufmännische Angestellte (Beginn oder Ende innerhalb des Bezugszeitraums)
    • Urlaubsanspruch für gewerbliche Arbeitnehmer (Mindesturlaubsvergütung bei Krankheit)
    • Lohnabrechnungszeitraum: Unterbrechung mit Winterausfallgeld

    Arbeitsrecht

    1 Urlaubsrecht

    13 Abs. 2 BUrlG verweist ausdrücklich auf die Möglichkeit abweichender Tarifverträge im Baugewerbe, um einen zusammenhängenden Jahresurlaub zu sichern.

    1.1 Urlaubsanspruch

    Alle Regelungen zum Urlaub für Arbeitnehmer im Baugewerbe ergeben sich aus § 8 BRTV. Hier ist festgeschrieben, dass der Arbeitnehmer mit einer bestimmten Mindestzahl von Beschäftigungstagen (aktuell 12) Anspruch auf einen Urlaubstag erhält. Eine ganzjährige Beschäftigung ergibt folglich einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen.

    Generell darf der Arbeiter das Urlaubsentgelt nur beziehen, sobald er seinen Urlaub antritt. Die Freizeitgewährung bleibt dem Arbeitgeber überlassen, der den Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt beschäftigt. Beim Urlaubsantritt muss der Arbeitgeber die Höhe des Urlaubsentgelts feststellen und auszahlen. Den entsprechenden Betrag können sich Bauunternehmer auf Antrag von der Urlaubskasse erstatten lassen.

    1.2 Urlaubskasse und Sozialkassenbeitrag

    Laut BRTV fließt das Urlaubsentgelt zunächst auf Grundlage des verdienten Arbeitsentgelts in die von den Tarifpartnern gebildete Urlaubs- und Lohnausgleichskasse des Baugewerbes (ULAK). Seit dem 1. Januar 2010 ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Sozialkassenbeitrag abzuführen und somit die Mittel für tarifvertraglich festgelegte Leistungen im Urlaubs- und Berufsbildungsverfahren aufzubringen.

    Für gewerbliche Arbeitnehmer errechnet sich der Beitrag aus der Gesamtsumme der Bruttolöhne. Ab dem 1. Januar 2016 lauten die Beiträge (abhängig vom Betriebssitz des Arbeitgebers) wie folgt:

    Alte Bundesländer

    Neue Bundesländer

    Berlin West

    Berlin Ost

    Urlaub

    14,5%

    14,5%

    14,5%

    14,5%

    Berufsausbildung

    2,1%

    2,1%

    1,65%

    1,65%

    Zusatzversorgung

    3,8%

    0,60%

    3,8%

    0,60%

    Sozialaufwandserstattung

    6,6%

    6,6%

    Gesamtbetrag

    20,4%

    17,2%

    26,55%

    23,35%

    Arbeitgeber müssen Angestellten pro Kopf einen festen monatlichen Beitragssatz zahlen. Seit dem 1. Januar 2016 sind folgende Beiträge festgesetzt:

    Alte Bundesländer, Berlin West

    Neue Bundesländer, Berlin Ost

    Angestellte

    79,50 EUR monatlich
    (3,98 EUR Tagesbeitrag)

    25,00 EUR monatlich
    (1,25 EUR Tagesbeitrag)

    Gewerblich, kaufmännisch und technisch Auszubildende

    20,00 EUR monatlich

    20,00 EUR monatlich

    Dienstpflichtige Angestellte

    79,50 EUR
    (2,65 EUR Tagesbeitrag)

    25,00 EUR monatlich
    (0,83 EUR Tagesbeitrag)

    Dienstpflichtige gewerbliche Arbeitnehmer

    93,00 EUR monatlich
    3,10 EUR (Tagesbeitrag)

    15,00 EUR monatlich
    0,50 EUR (Tagesbeitrag)

    Die Urlaubskasse des Baugewerbes richtet für jeden Arbeitnehmer ein persönliches Konto ein.

    Achtung

    Allgemeinverbindlicherklärung: BAG und SokaSiG

    Das Bundesarbeitsgericht hatte in mehreren Beschlüssen entschieden, dass die Allgemeinverbindlicherklärungen des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 15.5.2008, 25.6.2010 und vom 17.3.2014 mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 5 TVG a. F. unwirksam sind. Hiervon sind die Beitragszeiträume Oktober 2007 bis Dezember 2011 sowie Januar 2014 bis Dezember 2014 betroffen. Auch die Allgemeinverbindlicherklärungen des Tarifvertrags für die Beitragszeiträume 2012 und 2013 sind vom BAG für unwirksam erachtet worden. In diesem Zeitraum besteht nach der Rechtsprechung daher grundsätzlich nur für tarifgebundene Arbeitgeber eine Beitragspflicht.

    Die Allgemeinverbindlicherklärungen vom 6.7.2015 hat das BAG hingegen für wirksam erachtet.

    Um Rückforderungen zu vermeiden und den Bestand der Soka zu sichern, ist das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz (SokaSiG) geschaffen worden. Es ist am 25.5.2017 in Kraft getreten. Durch das SokaSiG wird die Allgemeinverbindlicherklärung rückwirkend per Gesetz wieder hergestellt. Nach dem SokaSiG sind alle seit 2006 gültigen Sozialkassentarifverträge für alle Unternehmen und Beschäftigte der Bauwirtschaft per Gesetz verbindlich, auf die Allgemeinverbindlicherklärungen des Bundesarbeitsministeriums kommt es daher nicht mehr an.

    1.3 Vereinfachtes Meldeverfahren

    Das Meldeverfahren ist seit dem 1.1.2010 vereinfacht worden. Die bisherigen monatlichen Beitragsmeldungen für Angestellte in den alten Bundesländern entfielen. Nun genügt die Abgabe der arbeitnehmerbezogenen Meldungen, bei denen die Summe der einzelnen Bruttolöhne die Grundlage für den Sozialkassenbeitrag bildet. Es ist ausreichend, den Angestellten an- bzw. abzumelden sowie Änderungen in den persönlichen Daten mitzuteilen. Aus diesen Beschäftigungsdaten ergeben sich die unverändert zu berechnenden Beiträge für die Zusatzversorgung.

    2 Arbeitsversäumnis und Arbeitsausfall

    Grundsätzlich wird im Baugewerbe abweichend von § 616 BGB Arbeitsentgelt nur für tatsächlich geleistete Arbeitszeit bezahlt. § 4 BRTV gewährt allerdings eine (teilweise) bezahlte Freistellung – von unterschiedlicher Dauer – in folgenden Fällen:

    Freistellung aus familiären Gründen (je nach Ereignis bis zu 3 Arbeitstagen)
    Freistellung für Arztbesuche und Behördengänge (für die tatsächlich benötigte Zeit)
    Freistellung zur Ausübung von Ehrenämtern (für die notwendig ausfallende Zeit ohne Fortzahlung des Lohns und ohne Anrechnung auf den Urlaub)
    Weitere Besonderheiten sind die Winterbauförderung und das Saison-Kurzarbeitergeld.

    3 Sonstiges

    Der BRTV für gewerbliche Arbeitnehmer enthält zudem Vorschriften über Arbeitsausfall infolge ungünstiger Witterung, Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitszeit, Überstunden, Zuschläge, Lohnberechnung, Erschwerniszuschläge, Auswärtsbeschäftigung, Freistellung zu Arbeitsgemeinschaften und Kündigungsfristen.

    3.1 Ausschlussfristen

    Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen nach § 14 Ziffer 1 BRTV, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, muss dieser binnen 2 Monaten gerichtlich geltend gemacht werden (§ 14 Ziffer 2 BRTV). Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche verfallen nach § 8 Ziff. 7 BRTV, Ansprüche aus Ausbildungsverhältnissen nach § 16 des Tarifvertrags über die Berufsbildung im Baugewerbe (BBTV).

    3.2 Spitzenausgleichsverfahren

    Neben dem für alle Betriebe des Baugewerbes verbindlichen Abrechnungsverfahren wurde zusätzlich das Spitzenausgleichsverfahren eingeführt, für das die Betriebe sich freiwillig entscheiden können. Hierbei wird nur noch dreimal (unter bestimmten Voraussetzungen sogar nur zweimal) im Jahr statt bisher monatlich mit den Sozialkassen abgerechnet. Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Verfahren ist eine ordnungsmäßige Erfüllung der Melde- und Zahlungspflicht in den vergangenen 12 Monaten. Für die Zulassung zum 6-monatigen Abrechnungsverfahren muss das Unternehmen den Sozialkassen eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zur Verfügung stellen.

    4 Arbeitnehmerüberlassung

    4.1 Zulässigkeit nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

    Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes ist gemäß § 1b Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) grundsätzlich unzulässig. Zulässige Ausnahmen ergeben sich aus Satz 2 der Vorschrift und greifen insbesondere zwischen Betrieben, wenn für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge dies zulassen oder wenn der verleihende Betrieb nachweislich seit mindestens 3 Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeit erfasst wird.

    4.2 Arbeitnehmer aus EU-Staaten

    Das Freizügigkeitsgesetz gibt allen Unionsbürgern, die sich als Arbeitnehmer oder zur Arbeitsausübung in der BRD aufhalten, einen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe des Gesetzes. Sie benötigen für Tätigkeiten im Baugewerbe keine Arbeitsgenehmigung.

    Der sog. Arbeitserlaubnis/EU durch die Ausländerbehörde bedürfen die Staatsangehörigen aus Bulgarien und Rumänien ab dem 1.1.2014 bei Saisonbeschäftigung nicht mehr.

    4.3 Arbeitnehmer aus anderen Staaten

    Für Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Staaten gelten gesonderte Regelungen.

    5 Arbeitnehmer-Entsendegesetz

    Um dem vielfach als „Lohndumping“ kritisierten Einsatz von Arbeitnehmern aus EU-Staaten, die für ausländische Bau-Arbeitgeber mit deutlich niedrigerem Lohnniveau tätig werden, ein Ende zu bereiten, sieht das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) vor:

    5.1 Anwendbarkeit deutschen Rechts

    Die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen über

    1. die Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze oder
    2. den bezahlten Mindestjahresurlaub, Höchstarbeitszeiten etc.

    finden auch auf ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen in Deutschland beschäftigten (meist entsandten ausländischen) Arbeitnehmern zwingend Anwendung. Die unter Ziffer 6 dargestellten Mindestlöhne gelten daher auch im Rahmen des AEntG.

    Praxis-Beispiel

    Allgemeinverbindliche Tarifverträge

    Auch bestimmte für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge finden auf derartige Arbeitsverhältnisse Anwendung, beispielsweise für Tarifverträge des Bauhauptgewerbes oder des Baunebengewerbes.

    Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz enthält eine Rechtsverordnungsermächtigung, aufgrund derer die Einhaltung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen zwingend (Allgemeinverbindlicherklärung) auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber vorgeschrieben werden kann. Diese Arbeitsbedingungen gelten dann auch für Arbeitgeber mit Sitz im Ausland.

    5.2 Haftung des Generalunternehmers

    Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sieht eine verschuldensunabhängigeHaftung des Generalunternehmers vor. Der Generalunternehmer muss darauf achten, dass auch seine Subunternehmer oder von diesen beauftragte Verleiher die zwingenden Arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz einhalten. Nach § 23 Abs. 3 AEntG können Bußgelder bis zu 500.000 EUR erhoben werden, die Aufsichtsbehörden üben umfassende Kontrolltätigkeiten aus.

    6 Mindestlöhne

    Die Mindestlöhne sind durch den allgemeinverbindlichen Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe (TV Mindestlohn) vom 3.5.2013 geregelt, der ab dem 1.1.2014 bis zum 31.12.2017 gilt. Der jeweilige Gesamttarifstundenlohn ergibt sich aus folgender Tabelle:

    Gebiet der Bundesrepublik, ausgenommen Berlin, Brandenburg, Meckenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

    Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

    Berlin

    ab 1.1.2014

    Lohngruppe 1: 11,10 EUR
    Lohngruppe 2: 13,95 EUR

    einheitlicher Mindestlohn:
    10,50 EUR

    Lohngruppe 1: 11,10 EUR
    Lohngruppe 2: 13,80 EUR

    ab 1.1.2015

    Lohngruppe 1: 11,15 EUR
    Lohngruppe 2: 14,20 EUR

    einheitlicher Mindestlohn:
    10,75 EUR

    Lohngruppe 1: 11,15 EUR
    Lohngruppe 2: 14,05 EUR

    ab 1.1.2016

    Lohngruppe 1: 11,25 EUR
    Lohngruppe 2: 14,45 EUR

    einheitlicher Mindestlohn:
    11,05 EUR

    Lohngruppe 1: 11,25 EUR
    Lohngruppe 2: 14,30 EUR

    ab 1.1.2017

    Lohngruppe 1: 11,30 EUR
    Lohngruppe 2: 14,70 EUR

    einheitlicher Mindestlohn:
    11,30 EUR

    Lohngruppe 1: 11,30 EUR
    Lohngruppe 2: 14,55 EUR

    Die Tarifpartner haben sich auf folgende Löhne ab dem 1.1.2018 geeinigt:

    West

    Ost

    Berlin

    ab 1.1.2018

    Lohngruppe 1: 11,75 EUR
    Lohngruppe 2: 14,95 EUR

    Lohngruppe 1: 11,75 EUR

    Lohngruppe 1: 11,75 EUR
    Lohngruppe 2: 14,80 EUR

    ab 1.3.2019

    Lohngruppe 1: 12,20 EUR
    Lohngruppe 2: 15,20 EUR

    Lohngruppe 1: 12,20 EUR

    Lohngruppe 1: 12,20 EUR
    Lohngruppe 2: 15,05 EUR

    Die Lohngruppe 1 gilt bundesweit für Helfertätigkeiten auf dem Bau. Die Lohngruppe 2 gilt nur in den westlichen Bundesländern. Der Mindestlohn nach Lohngruppe 2 wird für Facharbeiter des Baugewerbes gezahlt.
    Nach § 3 TV Mindestlohn gilt der Mindestlohn der Arbeitsstelle. Auswärts beschäftigte Arbeitnehmer behalten jedoch den Anspruch auf den Mindestlohn ihres Einstellungsortes. Ist der Mindestlohn der auswärtigen Arbeitsstelle höher, so haben sie Anspruch auf diesen Mindestlohn, solange sie auf dieser Arbeitsstelle tätig sind.

    Achtung

    Ausschlussfrist beim Mindestlohn

    Die Ansprüche auf Mindestlohn verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 6 Monaten nach ihrer Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden.

    Lohnsteuer

    1 Baustellenzulagen

    Baustellenzulagen werden aufgrund von Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für Erschwernisse seiner beruflichen Tätigkeit gezahlt, wenn sie weder durch eine Reisekostenvergütung noch durch sein übliches Gehalt abgegolten sind. In Betracht kommen hier typischerweise Erschwerniszulagen wie

    • Zulagen wegen besonderer Schmutz- oder Staubbelastung (Schmutzzulagen),
    • Schneezulagen, z. B. für das Reinigen von vereisten Dachrinnen, Entfernen von Eiszapfen oder Schnee auf Dächern,
    • Gefährdungs-/Gefahrenzulagen oder auch
    • Zulagen wegen anderen erschwerenden und ggf. auch gesundheitsgefährdenden Bedingungen im Baugewerbe, wie Hitze- und Kältezulagen oder Lärmzulagen.

    Weil solche Zulagen keinen steuerlich berücksichtigungsfähigen Aufwand abgelten und für sie keine besonderen Steuerbefreiungen bestehen, rechnen sie zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

    2 Reisekostenerstattungen

    2.1 Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte

    Für das steuerliche Reisekostenrecht ist entscheidend, ob eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt oder nicht. Eine erste Tätigkeitsstätte wird vorrangig vom Arbeitgeber bestimmt. Seine Festlegung entscheidet darüber, ob und ab wann sich sein Arbeitnehmer auf einer steuerlich begünstigten Auswärtstätigkeit mit steuerfreiem Reisekostenersatz befindet oder ob er auf dem Weg zur ersten Tätigkeitsstätte ist mit dem Ansatz der Entfernungspauschale.

    Bevor im Baugewerbe eine Zuordnung zur ersten Tätigkeitsstätte vorgenommen wird, sollte geprüft werden, ob dies erforderlich ist.

    2.2 Steuerfreier Reisekostenersatz

    Arbeitnehmer des Baugewerbes, die ihre Tätigkeit im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit ausüben, können ebenso wie die Arbeitnehmer aller anderen Branchen einen entsprechenden steuerfreien Reisekostenersatz für ihre Aufwendungen erhalten. Typischerweise kommen in Betracht:

    2.3 Fahrtkosten

    Fährt der Arbeitnehmer mit seinem eigenen Pkw zur auswärtigen Baustelle, kann ihm der Arbeitgeber als Reisekosten 0,30 EUR pro gefahrenen Kilometer steuerfrei erstatten.

    Die unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel kann im Baugewerbe steuerfrei erfolgen, soweit die Sammelbeförderung für den betrieblichen Einsatz des Arbeitnehmers notwendig ist. Allerdings ist darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer im Falle der Bereitstellung einer Sammelbeförderung für diese Wegstrecke keine Werbungskosten ansetzen darf.

    Wird der Arbeitnehmer im Rahmen einer Auswärtstätigkeit zwischen der Wohnung einer auswärtigen Tätigkeitsstätte (keine erste Tätigkeitsstätte) mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel unentgeltlich befördert oder nutzt er ein Firmenfahrzeug, ist dies steuerfrei. Im Gegenzug dürfen für diese Fahrten keine steuerfreien Fahrtkosten gezahlt werden.

    Pauschalbesteuerung beiFahrtkostenzuschuss

    Sofern der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte einen steuerpflichtigen Fahrtkostenzuschuss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt, kann dieser für den Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei gezahlt werden, wenn der Arbeitgeber den Fahrtkostenzuschuss pauschal mit 15 % besteuert. Eine Pauschalbesteuerung kann maximal in Höhe der abzugsfähigen Entfernungspauschale erfolgen.

    Nutzung von Dienstfahrzeugen

    Nutzt der Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Firmenfahrzeug, dürfen keine steuerfreien Fahrtkostenzuschüsse gezahlt werden. Zum Ausgleich für die mit dem Firmenfahrzeug zurückgelegten Strecken zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist ein steuerpflichtiger monatlicher geldwerter Vorteil mit 0,03 % des Pkw-Listenpreises je Monat und je Entfernungskilometer anzusetzen. Handelt es sich um eine berufliche Auswärtstätigkeit, ist der geldwerte Vorteil steuerfrei (Reisekosten).

    2.4 Verpflegungsmehraufwendungen

    Sofern Arbeitnehmer des Baugewerbes im Rahmen ihrer beruflichen Auswärtstätigkeit für eine bestimmte (Mindest-)Dauer von ihrer Wohnung bzw. der ersten Tätigkeitsstätte abwesend sind, kann der Arbeitgeber zum Ausgleich der damit verbundenen Mehraufwendungen einen steuerfreien Spesenersatz gewähren, der sich nach der Abwesenheitsdauer richtet:

    Abwesenheitsdauer

    Steuerfreier Pauschbetrag

    mehr als 8 Stunden

    12 EUR

    mindestens 24 Stunden

    24 EUR

    Bei mehrtägigen Reisen können unabhängig von der tatsächlichen Abwesenheitszeit 12 EUR sowohl für den An- als auch für den Abreisetag gewährt werden.
    Die genannten Spesensätze kann der Arbeitgeber erhöhen (max. verdoppeln), indem er den erhöhten Betrag mit 25 % pauschal versteuert. Sofern der Arbeitnehmer die Spesen steuerfrei erstattet bekommt, entfällt der Werbungskostenabzug. Die Spesenerstattungen sind auf der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen.

    2.5 Übernachtungskosten

    Sofern Arbeitnehmer im Rahmen ihrer beruflichen Auswärtstätigkeit außerhalb ihrer Wohnung übernachten müssen, kann der Arbeitgeber diese Übernachtungskosten steuerfrei erstatten.

    3 Beiträge zur Zusatzversorgungskasse

    Arbeitgeber des Baugewerbes müssen von den tariflich festgelegten Leistungen einen bestimmten Betrag der Bruttolohnsumme an die Zusatzversorgungskasse abführen für

    • Urlaub,
    • Lohnausgleich und

    Beitragsanteile für Urlaub und Lohnausgleich

    Die Beitragsanteile für Lohnausgleich und für Urlaub sind nicht dem Arbeitslohn hinzuzurechnen. Lohnsteuerpflichtig sind erst die späteren Leistungen aus der Urlaubskasse, die anstatt nach den persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) pauschal mit 20 % versteuert werden können. Dies ist aber keine abschließende Besteuerung. Der so pauschal besteuerte Arbeitslohn wird im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers erfasst und die mit 20 % einbehaltene Lohnsteuer angerechnet. Hierfür hat die Zusatzversorgungskasse eine Lohnsteuerbescheinigung auszustellen.

    Beitragsanteil für Zusatzversorgung

    Der Beitragsanteil für die Zusatzversorgung ist Arbeitslohn, der regelmäßig als betriebliche Altersversorgung steuerfrei ist.

    4 Saison-Kurzarbeitergeld

    Das Saison-Kurzarbeitergeld nach dem SGB III (diese Leistung entspricht dem früheren Winterausfallgeld bzw. Schlechtwettergeld) als besondere Form des Kurzarbeitergelds ist steuerfrei; die Zahlungen werden jedoch bei der Veranlagung zur Einkommensteuer dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Wurde Saison-Kurzarbeitergeld gezahlt, darf der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer keinen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführen. Auch der sog. permanente Jahresausgleich ist nicht zulässig.

    Steuerfrei sind auch die Trennungsbeihilfe (kein Progressionsvorbehalt) und die Arbeitgeberumlagen zur Winterbauförderung.

    5 Haftung des Entleihers

    Im Fall eines gewerbsmäßigen Verleihs von Arbeitnehmern an Betriebe der Bauindustrie ohne Erlaubnis nach dem AÜG haftet der Entleiher für die Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer.

    Sozialversicherung

    1 Besondere Leistungen im Baugewerbe

    Das Baugewerbe kennt einige besondere Leistungen. Hierzu gehören

    • Auslösungen,
    • Leistungen der Winterbauförderung und

    Auslösungen können sozialversicherungsrechtliches Entgelt sein, wenn sie die steuerrechtlichen Höchstgrenzen für Reisekosten überschreiten.

    Beitragsrechtliche Bewertung von Erschwerniszulagen

    Bei Erschwerniszulagen wie z. B. Schmutzzulagen, Schneezulagen, Gefährdungszulagen oder auch Hitze- und Kältezulagen handelt es sich um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt.

    1.1 Maßnahmen zur Sicherung der ganzjährigen Beschäftigung

    Mit der Zielsetzung, eine ganzjährige Beschäftigung zu fördern, gelten in der Bauwirtschaft besondere Regelungen.

    • Ein Arbeitsverhältnis gewerblicher Arbeitnehmer im Baugewerbe darf in der Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis 31. März) nicht aus Witterungsgründen gekündigt werden.
    • Nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) führt der Arbeitgeber für die gewerblichen Arbeitnehmer ein individuelles Ausgleichskonto. Er kann in einem Zeitraum von 12 Kalendermonaten 150 Arbeitsstunden vor- und 30 Arbeitsstunden nacharbeiten lassen. Soweit eine solche Arbeitszeitflexibilisierung nicht vereinbart wurde, kann der Arbeitgeber 30 Stunden vorarbeiten lassen und den Lohn einem Ansparkonto gutschreiben. Die 30 Stunden dienen als Ausgleich der ersten Ausfallstunden wegen schlechter Witterung während des Schlechtwetterzeitraums.
    • Auf Saison-Kurzarbeitergeld haben Arbeitnehmer des Baugewerbes bei Arbeitsausfällen einen Anspruch, wenn diese auf wirtschaftlichen oder witterungsbedingten Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruhen.
    • Arbeitnehmer der Bauwirtschaft haben als ergänzende Leistungen Anspruch auf ein Wintergeld. Dieses wird steuer- und sozialversicherungsfrei als Zuschuss-Wintergeld bzw. Mehraufwands-Wintergeld gezahlt.
    • Die Mittel für die ergänzenden Leistungen sind umlagefinanziert. Zu diesen zählen das Wintergeld sowie die Erstattung der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge. Im Bauhauptgewerbe werden die Umlagen gemeinsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen, im Baunebengewerbe allein durch die Arbeitgeber. Die Winterbeschäftigungsumlage im Bauhauptgewerbe beträgt 2 % der umlagepflichtigen Bruttoarbeitsentgelte der gewerblichen Arbeitnehmer. Die Umlage wird anteilig vom Arbeitgeber in Höhe von 1,2 % und vom Arbeitnehmer in Höhe von 0,8 % aufgebracht. Der vom Arbeitnehmer zu tragende Anteil an der Umlage ist steuer- und sozialversicherungspflichtig.

    1.2 Beitragsrechtliche Bewertung von Urlaubsabgeltungen

    Bei Urlaubsabgeltungen sowie Entschädigungsansprüchen (§§ 8-10 BRTV) haben die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger die Auffassung vertreten, dass es sich in allen Fällen der in § 8 BRTV genannten Urlaubsabgeltungen ausnahmslos um sozialversicherungsrechtliches Arbeitsentgelt handelt. Die Urlaubsabgeltung ist einmalig gezahltes Arbeitsentgelt und ist als solches beitragspflichtig. Das gilt auch für Urlaubsabgeltungen, die erst nach einer 3-monatigen branchenfremden Tätigkeit ausgezahlt werden.

    Hinweis

    Auszahlung der Urlaubsabgeltungen erfolgt durch SOKA-BAU

    Die Auszahlungen aller Urlaubsabgeltungen für gewerbliche Arbeitnehmer erfolgt über die Sozialkassen im Baugewerbe (SOKA-BAU), konkret durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK).

    Die Beitragsberechnung sowie die in diesen Fällen erforderlichen Meldungen hat der Arbeitgeber vorzunehmen, der die Urlaubsabgeltung auszahlt.

    1.2.1 Beitragseinbehalt durch die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse

    Auf Antrag des Arbeitnehmers zahlt die ULAK die Urlaubsabgeltung erfüllungshalber unmittelbar an den Arbeitnehmer aus. Dies haben die Tarifpartner der Bauwirtschaft vereinbart. Dabei hat sie den Arbeitnehmeranteil – unter Außerachtlassung der Beitragsbemessungsgrenzen – einzubehalten. Ist ein zu hoher Beitragsabzug erfolgt, hat der Arbeitgeber den Ausgleich vorzunehmen. Die ULAK zahlt den von der Urlaubsabgeltung einbehaltenen Arbeitnehmerbeitragsanteil an den Arbeitgeber, der ihn sodann mit seinem Anteil an die Einzugsstelle weiterleitet. Sofern die ULAK dazu ermächtigt wird, führt sie den Arbeitnehmerbeitragsanteil an die zuständige Einzugsstelle ab.

    1.2.2 Aufgaben der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse im Insolvenzfall

    Die Sozialpartner des Baugewerbes haben sich mit der ULAK darauf verständigt, dass die ULAK das Beitrags- und Meldeverfahren nur in den Fällen übernimmt, in denen der letzte Bauarbeitgeber in Insolvenz gefallen ist. Im Einzelnen ist folgende Verfahrensweise abgesprochen worden:

    • Die ULAK entnimmt den Zeitraum der Zuordnung der Urlaubsabgeltung, soweit vorhanden, der letzten Beitragsmeldung des letzten Arbeitgebers. Fehlen solche Meldungen und liegen der ULAK auch die im ULAK-Verfahren üblichen Meldungen des Arbeitgebers nicht vor, so hat der Arbeitnehmer die erforderlichen Daten nachzuweisen.
    • Sogenannte „Fehltage“ werden von der ULAK nur dann berücksichtigt, wenn sie Kenntnis davon hat. Im Einzelfall kann das zur Folge haben, dass ein zu hoher Beitrag einbehalten und abgeführt wird.
    • Die Entgeltmeldung erfolgt als Sondermeldung mit dem Meldegrund 54 unter der Betriebsnummer des Arbeitgebers.
    • Beim Beitragsnachweis meldet die ULAK Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil und weist darauf hin, dass bezüglich des Arbeitgeberanteils die Zahlungspflicht weiterhin beim Arbeitgeber liegt.

    Hinweis

    Entschädigungen nach § 8 Nr. 8 BRTV zählen nicht zum Arbeitsentgelt

    Die Entschädigung nach § 8 Nr. 8 BRTV ist kein Arbeitsentgelt, da der Anspruch hierauf erst entsteht, wenn die Urlaubsansprüche bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche verfallen sind. Es handelt sich um einen originären Anspruch gegen die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse.

    1.2.3 Zusatzversorgungsbeiträge

    Beiträge zur zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind in der Regel steuerfrei und entsprechend auch sozialversicherungsfrei.

    2 Generalunternehmerhaftung für Subunternehmer

    2.1 Grundsatz der Durchgriffshaftung

    Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, haftet

    • für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmens (Nachunternehmer) sowie
    • für die Zahlungspflicht eines von diesem Nachunternehmer beauftragten Verleihers.

    Die Haftung entspricht der eines selbstschuldnerischen Bürgen.

    Die Haftung des Bauunternehmers besteht entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist, kann der Hauptunternehmer die Beitragszahlung jedoch verweigern (sog. „subsidiäre Haftung“).

    Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

    2.2 Haftungsausschluss

    Entsprechend § 28e Abs. 3b SGB IV entfällt die Haftung des Hauptunternehmers, wenn er nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt (Haftungsausschluss). Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist.

    Dazu gehört z. B. eine Prüfung des Hauptunternehmers darauf, ob bei dem vom Nachunternehmer abgegebenen Angebot die Lohnkosten einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge zutreffend einkalkuliert worden sind. Entscheidend für die Frage des Haftungsausschlusses kann dabei auch sein, ob der Hauptunternehmer vom Nachunternehmer

    • eine Freistellungsbescheinigung der Finanzbehörde über die Erfüllung seiner Steuerpflicht nach dem Gesetz zur Eindämmung der illegalen Beschäftigung im Baugewerbe bzw.
    • Bescheinigungen der Einzugsstellen über die Erfüllung seiner Zahlungspflichten hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags
      angefordert hat.

    Unbedenklichkeitsbescheinigungen anfordern

    Der Unternehmer kann den Nachweis anstelle der Präqualifikation auch durch Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung der zuständigen Einzugsstelle für den Nachunternehmer erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten. Damit sind die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses bereits gegeben. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen haben eine Gültigkeitsdauer von 3 Kalendermonaten nach Ausstellung. Werden sie nicht erneuert, erlischt ihre Gültigkeit für Arbeitsentgelte, die für Zeiten nach Ablauf der Gültigkeitsdauer erzielt wurden. In den Unbedenklichkeitsbescheinigungen ist die Anzahl der Arbeitnehmer zu vermerken, die bei der ausstellenden Einzugsstelle versichert sind. Die Anzahl der in den Bescheinigungen insgesamt genannten Personen muss ausreichen, um die Arbeiten durchführen zu können.

    Achtung

    Hauptunternehmer trägt Beweislast zum Nichtvorliegen der Haftung

    Die Beweislast zum Nichtvorliegen der Haftung trägt der Hauptunternehmer des Baugewerbes. Die Einzugsstellen brauchen also das Vorliegen des Haftungsausschlusses nicht von Amts wegen zu ermitteln. Vielmehr hat der Hauptunternehmer den Nachweis hierzu zu führen. Durch die vereinbarte Verwaltungsvereinfachung dürfte allerdings die Frage der Beweislastführung regelmäßig nur noch von untergeordneter Bedeutung sein.

    2.3 Auskunftspflichten des Nachunternehmers

    Der Nachunternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Hauptunternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugsstelle den Namen und die Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Etwas anderes gilt, wenn dieser Auskunftsanspruch seitens der Einzugsstelle nicht durchgesetzt werden kann. Dann hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Namen und Anschriften aller von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragten Unternehmer zu benennen.

    Achtung

    Geldbuße bei Auskunftsverweigerung

    Die Auskunftsverweigerung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Sie kann mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden.

    2.4 Anwendungsbereich der Durchgriffshaftung

    Die Durchgriffshaftung im Baugewerbe gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275.000 EUR. Für die Schätzung des Gesamtwerts gilt § 3 VgV. Nicht entscheidend ist also das einzelne Auftragsvolumen; es kommt vielmehr auf die Summe aller Bauleistungen des Hauptunternehmers und aller Nachunternehmer für ein Bauwerk an.

    2.5 Erweiterung der Durchgriffshaftung auf weitere Nachunternehmen

    Die Haftung des Hauptunternehmers erstreckt sich ferner auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen.

    Voraussetzung für diese weitergehende Haftung ist jedoch, dass die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der grundsätzlich bestehenden Durchgriffshaftung ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich.

    Umgehungstatbestand

    Ein Rechtsgeschäft, das als ein solcher Umgehungstatbestand anzusehen ist, wird in der Regel angenommen, wenn

    • der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
    • wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
    • wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.

    Darüber hinaus sind in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat, die Umstände des Einzelfalls besonders zu prüfen.

    Hinweis

    Geltungsbereich der Unfallversicherung

    Die bisher genannten Regelungen zur Generalunternehmerhaftung im Baugewerbe erstrecken sich auch auf die Unfallversicherung. Dies gilt insbesondere für die Beitragshaftung bei der Arbeitnehmerüberlassung und der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrags.

    2.6 Führung der Lohnunterlagen

    2.6.1 Unternehmer im Baugewerbe

    Der Unternehmer hat bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrags die Entgeltunterlagen und die Beitragsrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung

    • der Arbeitnehmer,
    • des Arbeitsentgelts und
    • des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag
      möglich ist.

    Ziel dieser Regelung ist die konkrete Durchsetzung der nunmehr bestehenden Durchgriffshaftung und die hierfür erforderliche Feststellung des Haftungsumfangs.

    Achtung

    Geldbuße bei nicht korrekter Führung der Lohnunterlagen

    Werden die Lohnunterlagen nicht entsprechend der dargestellten Regelungen geführt, stellt das eine Ordnungswidrigkeit dar. Sie kann mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden.

    2.6.2 Nachunternehmer

    Grundsätzlich kann ein Nachunternehmer des Baugewerbes seiner besonderen Pflicht zur Führung der Lohnunterlagen nur durch eine Kennzeichnung in diesen Lohnunterlagen nachkommen. Seitens der Sozialversicherung bestehen allerdings keine Bedenken, wenn der Nachunternehmer seiner Aufzeichnungspflicht dadurch nachkommt, dass er die Bescheinigung nach § 19 Abs. 1 AEntG getrennt nach den verschiedenen Generalunternehmen aufbewahrt. Eine Zuordnung zur einzelnen Lohnunterlage muss durch ein gemeinsames Merkmal (z. B. Personalnummer) möglich sein. Bei Mitarbeitern,

    • für die die Aufzeichnungspflicht nach § 19 Abs. 1 AEntG nicht gilt (Angestellte) oder
    • die ein festes monatliches Arbeitsentgelt erhalten und
    • die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gewerk tätig sind,

    werden die Verhältnisse herangezogen, die sich aus der Auswertung der Bescheinigungen nach § 19 Abs. 1 AEntG ergeben. Aus den Bescheinigungen werden danach der Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit (ohne Pausen) des Arbeitnehmers zugrunde gelegt.

     

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