Bilanzierungspflicht: Ab wann gilt sie?
Wenn ein Einzelunternehmen in den Vorjahren einen Umsatz von mehr als 600.000 Euro oder einen Gewinn von über 60.000 Euro erzielt hat, wird Sie das Finanzamt zu einem Wechsel von der bisherigen Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung auffordern. Diese Aufforderung erfolgt schriftlich und darf immer nur zukünftig gelten, kann also nicht rückwirkend ausgesprochen werden. Der Wechseltermin ist der nächste 1. Januar nach der Aufforderung. Zu diesem Stichtag tritt die Bilanzierungspflicht in Kraft.
Vorteile und Nachteile einer Bilanzierung
Eine Bilanzierung bietet mehr Transparenz und detaillierte Aussagen über die Liquidität eines Unternehmens, sodass Sie sich jederzeit einen schnellen Überblick über die finanzielle Situation des Unternehmens verschaffen können. Auch lassen sich Veränderungen über einen langen Zeitraum besser darstellen, was für bestimmte unternehmerische Entscheidungen wichtig sein kann. Diese Vorteile wissen auch Banken zu schätzen, denn sie können anhand einer Bilanz die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens besser einschätzen.
Allerdings ist die für die Bilanzierung notwendige doppelte Buchführung sehr viel komplexer und zeitaufwendiger als die Buchung für eine Einnahmen-Überschussrechnung. Sie erfordert buchhalterisches Vorwissen, ein Verständnis der zugrundeliegenden Logik und in der Regel professionelle Unterstützung durch Steuerberater:innen, selbst wenn eine gute Buchhaltungssoftware schon viele Vorarbeiten für Sie erledigen kann.
Ist eine freiwillige Bilanzierung möglich?
Ja, Sie können auch freiwillig von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung wechseln. Allerdings ist dieser Wechsel nicht ganz einfach, denn Sie müssen nicht nur zum 1. Januar des ersten Bilanzierungsjahres eine Eröffnungsbilanz erstellen. Sie müssen auch einen sogenannten Übergangsgewinn bzw. -verlust ermitteln, da sie zukünftig eine andere Gewinnermittlungsmethode anwenden.
Da die Steuerregeln hier sehr kompliziert sind und auch die anschließende Bilanzierung selbst mit einem erheblich größeren bürokratischen Aufwand verbunden ist, sollten Sie sich dabei von einem:einer Steuerberater:in beraten lassen und gemeinsam einen solchen Wechsel gut überdenken – zumal sich dieser nicht ohne Weiteres wieder rückgängig machen lässt. Denn ein Wechsel von der Bilanzierung zurück zur Einnahmen-Überschussrechnung ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des zuständigen Finanzamts möglich.
Was gehört zur Bilanzierung?
Zur Bilanzierung, also dem Jahresabschluss, gehören die Bilanz sowie eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung und gegebenenfalls ein Anhang mit Erläuterungen. Ebenfalls enthalten sein müssen alle Aufwendungen, Erträge, Vermögensgegenstände und Schulden des Unternehmens (sofern für dieses keine anderen Regelungen gelten). Kapitalgesellschaften müssen sich bei der Gliederung der Bilanzierung an bestimmte Vorschriften im Handelsgesetzbuch halten. Alle anderen können den Aufbau ihrer Bilanz relativ frei wählen.
Die Erstellung einer Bilanz ist nicht ganz einfach, mit einer entsprechenden Buchhaltungssoftware können Sie sich die Arbeit jedoch erleichtern.
Welche Buchführung ist für die Bilanzierung nötig?
Für eine Bilanzierung ist die sogenannte doppelte Buchführung erforderlich. Diese ist im Vergleich zur einfachen Buchführung (Einnahmen-Überschussrechnung) deutlich aufwendiger, denn sie arbeitet nicht nur mit Einnahmen und Ausgaben, sondern mit den Konten Soll und Haben. Das bedeutet, dass jeder Geschäftsvorgang in der Buchführung immer an zwei Stellen (Konten) auftritt. Das einfachste Beispiel ist der Einkauf von Waren. Dieser wird erstens auf dem Warenkonto als Zugang vermerkt und zweitens auf dem Vermögenskonto als Abgang gebucht.
Die Konten sind aufgeteilt nach Aktiva und Passiva. Zu den Aktiva gehören Anlagevermögen (z. B. Sachanlagen oder immaterielle Vermögensgegenstände) und Umlaufvermögen (z. B. Vorräte, Wertpapiere, Bankguthaben, Kassenbestand). Zu den Passiva zählen die Vermögensquellen, also die Herkunft der Mittel und die Finanzierung des Unternehmens, die sich in Eigenkapital (z. B. Rücklagen, Überschüsse) und Fremdkapital (Verbindlichkeiten) aufteilen. Beide Seiten, Aktiva und Passiva, müssen im Gleichgewicht, also ausgeglichen sein – daher auch der Begriff „Bilanz“ nach dem Lateinischen „bilancia“ für „Waage“.
Welche Fristen gelten für die Bilanzierung?
Der Stichtag für die Bilanzierung ist immer der letzte Tag des Geschäftsjahres. Das Geschäftsjahr dauert immer 12 Monate und endet in den meisten Fällen am letzten Tag des Kalenderjahres (31. Dezember), kann aber auch mitten im Kalenderjahr enden. Das gilt jedoch nur für Gewerbetreibende, die im Handelsregister eingetragen sind. Gewerbetreibende ohne Handelsregistereintrag müssen das Kalenderjahr als Geschäftsjahr verwenden.
Grundsätzlich gilt: Der Bilanzstichtag kann jedoch nicht beliebig gewechselt werden, sondern bleibt grundsätzlich in den folgenden Jahren bestehen, wobei der Wechsel zu einem Wirtschaftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt, einfacher ist als umgekehrt.
An dem Bilanzstichtag beginnt die Frist für die Bilanzerstellung. Wie lange diese ist, hängt ebenfalls von der Rechtsform ab. So müssen Kapitalgesellschaften ihre Bilanz innerhalb von 3 Monaten nach dem Bilanzstichtag vorlegen, während Personengesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften für ihre Bilanzierung 6 Monate Zeit haben.
Der Bilanzstichtag hat aber noch eine andere Bedeutung, denn an ihm sollte die Inventur erfolgen, die als Grundlage der doppelten Buchführung dient. Bei dieser Bestandsaufnahme werden alle Vermögensteile, Waren, Guthaben und Schulden verzeichnet. Die Inventur wird traditionell am 31. Dezember durchgeführt, kann aber in bestimmten Fällen auch früher oder später erfolgen. Für diese Ausnahmen gelten jedoch gewisse Regelungen, die eingehalten werden müssen.
Hinweis: Jahresabschlüsse und Bilanzen gehören zu den Dokumenten, die Sie als Unternehmer:in über einen Zeitraum von 10 Jahren aufbewahren müssen. Die Aufbewahrungsfrist beginnt immer am letzten Tag des Jahres, in dem die Bilanz erstellt wurde.